Du meine Seele, du mein Herz
Du meine Seele, du mein Herz,
Du meine Wonn', O du mein Schmerz,
Du meine Welt, in der ich lebe,
Mein Himmel du, darein ich schwebe,
O du mein Grab, in das hinab
Ich ewig meinen Kummer gab!
Du bist die Ruh', du bist der Frieden,
Du bist der Himmel mir beschieden.
Daß du mich liebst, macht mich mir wert,
Dein Blick hat mich vor mir verklärt,
Du hebst mich liebend über mich,
Mein guter Geist, mein bess'res Ich!
Friedrich Rückert
Freimund Raimar (1788 – 1866),, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung
aus: „Liebesfrühling“ von Friedrich Rückert. Verlag: J. D. Sauerländer’s Veralg, 1880. Erster Strauß, Erwacht. III. Seite 6
An Tieck
Ein Kind voll Wehmut und voll Treue,
Verstoßen in ein fremdes Land,
Ließ gern das Glänzende und Neue,
Und blieb dem Alten zugewandt.
Nach langem Suchen, langem Warten,
Nach manchem mühevollen Gang,
Fand es in einem öden Garten
Auf einer längst verfallnen Bank
Ein altes Buch mit Gold verschlossen,
Und nie gehörte Worte drin;
Und, wie des Frühlings zarte Sprossen,
So wuchs in ihm ein innrer Sinn.
Und wie es sitzt, und liest, und schauet
In den Kristall der neuen Welt,
An Gras und Sternen sich erbauet,
Und dankbar auf die Kniee fällt:
So hebt sich sacht aus Gras und Kräutern
Bedächtiglich ein alter Mann,
Im schlichten Rock, und kommt mit heiterm
Gesicht ans fromme Kind heran.
Bekannt doch heimlich sind die Züge,
So kindlich und so wunderbar;
Es spielt die Frühlingsluft der Wiege
Gar seltsam mit dem Silberhaar.
Das Kind faßt bebend seine Hände,
Es ist des Buches hoher Geist,
Der ihm der sauern Wallfahrt Ende
Und seines Vaters Wohnung weist.
Du kniest auf meinem öden Grabe,
So öffnet sich der heilge Mund,
Du bist der Erbe meiner Habe,
Dir werde Gottes Tiefe kund.
Auf jenem Berg als armer Knabe
Hab ich ein himmlisch Buch gesehn,
Und konnte nun durch diese Gabe
In alle Kreaturen sehn.
Es sind an mir durch Gottes Gnade
Der höchsten Wunder viel geschehn;
Des neuen Bunds geheime Lade
Sahn meine Augen offen stehn.
Ich habe treulich aufgeschrieben,
Was innre Lust mir offenbart,
Und bin verkannt und arm geblieben,
Bis ich zu Gott gerufen ward.
Die Zeit ist da, und nicht verborgen
Soll das Mysterium mehr sein.
In diesem Buche bricht der Morgen
Gewaltig in die Zeit hinein.
Verkündiger der Morgenröte,
Des Friedens Bote sollst du sein.
Sanft wie die Luft in Harf und Flöte
Hauch ich dir meinen Atem ein.
Gott sei mit dir, geh hin und wasche
Die Augen dir mit Morgentau.
Sei treu dem Buch und meiner Asche,
Und bade dich im ewgen Blau.
Du wirst das letzte Reich verkünden,
Was tausend Jahre soll bestehn;
Wirst überschwenglich Wesen finden,
Und Jakob Böhmen wiedersehn.
Novalis (an Tieck, um 1800)
Georg Philipp Friedrich von Hardenberg (1772 – 1801), deutscher Schriftsteller, Philosooph
Dort wollt' ich wohnen
Dort wollt' ich wohnen
In goldenem Zelt
Mit ihm, dem Meinen,
Einzig gesellt!
Über der Erde
Altem Gedenken,
Über der Menschen
Dauernden Kränken -
Über dem Wandel,
Über der Welt!
Christian Friedrich Hebbel
Christian Friedrich Hebbel (1813 – 1863), deutscher Dichter, Dramatiker, Lyriker
aus: „Leopold Schefer’s ausgewählte Werke‘ von Leopold Schefer. Verlag: Veit und Comp. Berlin, 1845. XVI. Verwandlung. Seite 330
Wenn Gift und Galle die Welt dir deut
Und du möchtest das Herz dir gesund bewahren;
Mach andern Freude! Du wirst erfahren,
Daß Freude freut.
Friedrich Theodor Vicher
Friedrich Theodor Vicher (1807 – 1887), deutscher Philosoph, Dichter, Schriftsteller
aus: Dichterische Werke“ von Friedrich Theodor Vicher. Verlag der Weissen Bücher, Leipzig, 1917. Seite 176
Einen Roman zu schreiben ist deswegen vorzüglich angenehm, weil man zu allen Meinungen, die man gern einmal in die Welt laufen lassen will, allemal einen Mann finden kann, der sie als die seinigen vorträgt.
Georg Christoph Lichtenberg
Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799), deutscher Schriftsteller, Philosoph, Naturforscher, Physiker, Mathematiker
aus: „Schriften und Brief Sudelbücher I, Seite 204“; hier: „Vermischte Schriften“ von Georg Christoph Lichtenberg. Seite 289
Wenn du dich ein für allemal dazu entschlossen hast
Entscheide dich stets für die Liebe! Wenn du dich ein für allemal dazu entschlossen hast, wirst du die ganze Welt bezwingen. Die dienende Liebe ist eine ungeheure Kraft. Sie ist die aller größte Kraft, und ihresgleichen gibt es nicht.
Fjodor Michailowitsch Dostojewski
Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821 – 1881), einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller
Leider sind die russischen Webseiten zur Zeit kaum zu erreichen und sehr unsicher. Sobald sich die Lage nicht ändert, kann ich nicht das Original auf russisch auf meine Webseite zeigen.
Gemälde: Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821 – 1881)
Frieden und Freiheit. Schießt mit Blumen und Liebe.