Um glücklich zu sein, muß man seine Vorurteile abgelegt und seine Illusionen behalten haben und für Illusionen empfänglich zu sein, denn den Großteil unserer Vergnügen schulden wir der Illusion, und unglücklich ist, wer sie verliert
Émilie du Châtelet
Gabrielle Émilie Le Tonnelier de Breteuil, Marquise du Châtelet-Laumont (1706 – 1746), französische Physikrin, Philosophin, Mathematikerin, Übersetzerin
Orchis neigt im Lenz die schlanken Blätter,
Kassia blüht im Herbste weiß und rein,
Werden, wachsen, ihnen ist es Wonne,
Wenn sie sich so ihres Lebens freun.
Wer denn weiß, wie die Waldbewohner
Winden lauschen, still im Grund, vergnügt?
Gras und Bäumen ist ein Eigenwesen,
Warten nicht, daß sie die Schöne pflückt.
Der gehaschte Schmetterling
1796
Jüngst lag ich am Quellenrande
Unterm kühlen Pappelschatten.
Sorgenfrei war meine Seele,
heiter, wie des Baches Spiegel.
Um mich schwebten Schmetterlinge,
Wiegten sich auf Blumenkronen
Und beschauten sich im Bache.
Ich betrachte sie lächelnd,
Und mit ruhigem Vergnügen
Schaute bald mein Blick das leichte
Schweben, bald das Spiel der Farben
In den zarten Aetherflügeln.
Sieh da kam ein kleiner Knabe,
Blauer Wassernymphen jagend,
Welche scherzend vor ihm flohen,,
hinter mir aus dem Gesträuche.
keuchend stand er den mir stille,
Warf die blonden Ringellocken
Aus den vollen Gluthenwangen,
Und den süßen Schelmenaugen.
"Ach die schönen Schmetterling"
Rief er, "die dich hier umflattern!"
"Welche Luft, die Iris Gürtel,
"Und den Glanz der Perlenaugen
"Ihrer Fittig', in der Nähe
"Recht nach Muße zu berachten,
"Diese Flattrer fest zu halten!"
Er erregte meine Sehnsucht:
Ich erkohr mir mit den Augen
Den, der mich der schönste hauchte,
Und verließ mein sanftes Lager
Um den Flüchtigen zu fangen.
Aber immer lockend floh er
Vor mir her in kurzen Flügen,
Lockte mich vom Quell der Ruhe
Weit hinweg, in bange Wüsten.
Athemlos und müde folt' ich;
Endlich setzt auf einer Distel
Er sich fest; mit beiden Händen
Durch die Dornen nach ihn tappend,
hascht' ich ihn mit wunden Fingern.
Aber ach! nunmehr gewahrt' ich,
Daß sein ganzer Reiz nur Staub war,
Farbenstaub, den Zephnr abhaucht,
Den der Strahl der Sonne bleichet,
Der im Fangen sich verwischte.
Als ich nun die Täuschung wahrnahm,
kam die Weisheit mir zurücke,
Und ich gab den trügerischen
Buttervogel selbst den Winden,
Und mit ihm auch jede Sorge,
Jeden Wunsch und jede Sehnsucht.
Sucht wieder meinen Quell auf
Unterm kühlen Pappelschatten;
Und nun wird der lose Knabe,
Wolle er nochmals mich verführen,
Wenn er noch so schmeichelnd lockte,
Nimmermehr von ihm mich fernen.
Theone und Nina
aus: „Feldblumen auf Ungarns Fluren“ gesammelt von Nina und Theone, Zweites Bändchen. Jena bei Voigt, 1800. Seite 1 – 4
Maria Theresia von Artner (1772 – 1829), österreichisch -ungarische Schriftstellerin, Dichterin. Pseudonym: Theone
Maria Neumann von Meißenthal (1768 – 1837), österreichisch – ungarische Schriftstellerin und Dichterin Pseudonym: Nina
Dass eine, so die Taube ist, und die Schönheit der Morgenröte, der Sonne, des Monds, und die Schrecklichkeit der Heerspitzen hat, ist hier unter andern ein ganz außerordentlich reizendes Kunststücke, wiewohl die Sänfte Salomonis, die Krone, womit ihn seine Mutter gekrönet, der Freund, die sechzig Königinnen, die achtzig Kebsweiber, die Menge Jungfrauen, die Sulmanth, und der Reigen Mahanaim, Dinge sind, die das dufferste Erstaunen und Vergnügen verursachen.
Marie Sophie von Hopffgarten
Marie Sophie von Hopffgarten, geborene Marie Sophia von Dachröden /1713 – 1789), deutsche Dichterin, Poetin, Rittergutsbesitzerin
aus: „Der herzogliche Lündeburgische General Superintendent, Johann Arndt“ in Zelle in sieben Stück Tabeleaus, vorgestellet. Mühlhaus gedruckt mit Brücknerischen Schriften, 1760. Von Marie Sophie Hopffgarten. Das dritte Feld
Bei einer Shakespere-Vorstellung
Dein zug von clownen bauern königen freuen,
Mein Shakespere geht jetzt wohl in reicher tracht -
Paläste hütten .. eine schauspielnacht -
Der donner rollt und böse blitzt hauen ..
Doch was in schöner einfalt du gedacht
Wissen die spieler kläglich nachzubauen.
Gefühl liegt ihnen in geschrei und brauen
Und wildheit geht vor dem was du liebst: Macht.
Erlös uns >Shakespere< von den groben lügen
Sinn-schönen das nicht einmal Schönes ist!
Lass unserm geist sich dein Gedachtes fügen
So klar so wahr wie es empfangen ist
Bis unsere geistesaugen sich vergnügen
Am bild das Dein und aller eigen ist!
Albert Verwey
Albert Verwey (1837 – 1898), Niederländischer Dichter, Übersetzer, Essayist
aus: „Uebertragung aus den Werken von Albert Verwey“ von Albert Verwey. Verlag der Blätter für die Kunst Berlin, 1904. Übertragung vom Niederländischen ins Deutsche von Stefan George. und Friedrich Gundolf. Seite 35
Stefan Anton George (1868 – 1933)
Friedrich Gundolf / Friedrich Leopold Gundelfinger (1880 – 1931)
Dein Vergnügen trifft auch mich,
Mein an dich verbundnes Herze
Nimmt auch Teil an deinem Scherze.
Bist du doch mein andres ich
Die Zufriedenheit der Liebe,
Teilet sich in dich und du,
Denn die Stärke gleicher Triebe
Ist der Pfeiler unsrer Ruh.
Daniel Stopp
Daniel Stoppe (1697-1747), deutscher Schullehrer, Dichter, Schriftsteller
„Der Parnaß im Sättler, Oder Scherz- und Ernsthafte Gedichte“ des Herrn Daniel Stoppens, aus Hirschberg in Schlesien. Mitgliedes der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Frankfurt und Leipzig, Verleges Gottlieb Siegert, Buchhandlung in Hirschberg, 1735. Auf den Namenstag seiner Liebsten, Seite 38
Mittel zum Vergnügen
Schwestern! wollt ihr wissen,
Wie ich mich vergnüge,
Daß ich immer scherze,
Daß ich immer singe,
Daß ich auch im Winter,
Wenn auch schon die Rosen
Unser Haupt nicht krönen,
Doch noch immer scherze?
Machts wie ich, und liebet!
Doch liebet nicht nur Männer:
Liebet auch die Tugend;
Liebet schöne Bücher;
Stimmet auch die Saiten,
Dichtet schöne Lieder;
Singet von der Liebe!
Liebt ihr aber Männer;
O! so liebt nur einen,
Liebet ihn recht zärtlich,
Scherzt mit eurem Freunde:
So seyd ihr recht glücklich!
Johanne Charlotte Unzer
Johanna Charlotte Unzer-Ziegleroder (1725 – 1782), deutsche Dichterin, Philosophin, Schriftstellerin
„Versuch in Scherzgedichten“ von Johanna Charlotte Unzer. Verlag Halle im Magdeburgischen. Verlegt von Carl Hermann Hermmerde, 1753. Seite 4 – 5