Was mein Leben an Qualen hervorbringt

Was mein Leben an Qualen hervorbringt

Zu welchen Qualen mein Leben führt 

Die Liebe, die die klare Sonne verdunkelt, macht mich, 
Und in meiner Brust bei ihrem Erscheinen entzündet 
Größeres Verlangen nach meinem vagen Licht  
All die Schönheit, die uns die Natur schenkt, 
Die dem so gefällt, der am wenigsten sieht und versteht, 
Nimmt mir mehr von dem Frieden, und kränkt mich so 
Dass es mich zu wärmeren Seufzern zurückführt. 
Wenn grüne Wiese, und wenn mancherlei Blumen ich erblicke 
Beraubt von aller Hoffnung zittert die Seele: 
Denn sie erweckt den Gedanken an ihre schöne Frucht 
Die der Tod enthüllte. Ihm der Leichnam 
Ihm nahm einen süßen und kurzen Seufzer weg, 
Und mir hinterließ er die bittere ewige Trauer.

Vittoria Colonna

Vittoria Colonna (1492 – 1547), italienische Dichterin

Ach mein Liebster, o mein Licht

Ich kann kaum mehr den Mund erheben

1.
Ich fühle lauter Angst und Schmerzen
So oft ich nur an ihn gedenk
Mein liebster Schatz in meinem Herzen
Er macht daß ich mich stündlich kränk
Ach! Ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

2.
Ich kann kaum mehr den Mund erheben
Zu singen einen Lobgesang
Der ganze Leibe säht an zu böben
Das währt den ganze Sommer lang.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

3.
Wo er nicht kommt und mich ergötzet
So muß ich sterben also bald
Weil mir der Schmerz das Herz verletzet
bin schon vor große Trauer kalt.
Ach: ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

4.
Ist das die Liebe gar vergangen
Die angelobte starke Treu.
Ich warte seiner mit Verlangen
kein Schreiben hilft und macht mich frei.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

5.
So oft ich schlaf in meinem Bette
Welche doch gar selten kann geschehn
So deut mich als wenn Ihn nicht bette
In meinen Armen angesehn.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

6.
So offte seine roten Wangen
Der schöne Mund, das krause Haare
Muß mehr und nähren mein Verlangen
So oft will ich verzweifeln gar.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

7.
Nun schweig' ich, kann nicht weiter singen
der matte Mund bestehet mir
Die Seufzen muß ich lasse dringen
aus meines Herzen Schloß erfür
Ach' ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

Dorothea Eleonora von Rosenthal

(Gedicht so gut wie möglich wiedergegeben)

Dorothea Eleonora von Rosenthal (1600 – 1649), deutsche Dichterin, Schriftstellerin

Nebel am Wattenmeer

Nebel, stiller Nebel über Meer und Land

Nebel am Wattenmeer

Nebel, stiller Nebel über Meer und Land.
Totenstill die Watten, totenstill der Strand.
Trauer, leise Trauer deckt die Erde zu.
Seele, liebe Seele, schweig und träum auch du. 

Christian Morgenstern

Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer

Sie kommen noch immer

durch den aufgebrochenen Himmel

They are still coming
through the broken sky,
their peaceful wings spread out
and their heavenly music
hovers over the whole weary world.


Sie kommen noch immer
durch den aufgebrochenen Himmel,
die friedlichen Schwingen ausgebreitet,
und ihre himmlische Musik
schwebt über der ganzen müden Welt.

William Shakespeare

William Shakespeare (1564 – 1616), englischer Dichter, Dramatiker, Schauspieler