Der Frühlingstag (Sophiens Schattengewidmet) Wenn über mir das reine Blau der Luft Und rings um mich der Blüthenbäume Duft Den Frühlingstag in mein Gedächtniss ruft, Der unsre Herzen liebend einst verband, Als ich zuerst Dein Innerstes verstand – Dann blick’ ich, wie in meines Glücks Ruinen, Hin auf Dein Grab, um das Cipressen grünen. Und dann berührt das Bild vergangner Stunden Auf’s neu in mir der ew’gen Trennung Wunden. Dich zu verlieren hatt’ ich Dich gefunden! – Und Thränen fliessen jenem Frühlingstag Und Dir, die Du ihm lächelnd glichest, nach. Doch ach, so heiss, so bitter sie auch rinnen – Sie können nicht der Gruft Dich abgewinnen. Natalie Charlotte von Ahlfeld
Charlotte Elisabeth Luise Wilhelmine von Ahlefeld (1781 – 1849). Pseudonyme: Elisabeth Selbig, Natalia, Emetine, Frau Charlotte Seebach Felicitas, Elise Selbig, Marie Müller. Deutsche Schriftstellerin, Dichterin
aus: „Gedichte von Natalie“ Charlotte von Ahlefeld. Verlag: Berlin, Johann Friedrich Unger, 1808. Seite 84
Zeichnung: Charlotte von Ahlefeld (1781 – 1849)
Bleistiftzeichung von Ferdinand von Blumenbach um 1800