Stille Liebe

Wenn du mir nahst und schaust mir stumm errötend

Stille Liebe

Wenn du mir nahst und schaust mir stumm errötend
Ins Angesicht,
Warum ich zitternd immer dir entfliehe,
Das frag' mich nicht.

Wenn alles schläft, in meinem kleinen Zimmer
Siehst du noch Licht,
Um was ich da so lang, so innig bete,
Das frag' mich nicht.

Der Schlummer naht und um die Seele spinnt sich
Ein süß Gesicht;
Warum ich morgens feuchten Blicks dich grüße,
O frag' mich nicht. 

Angelika von Hörmann 

Angelika von Hörmann, geborene Emilie Geiger, verheiratet Emilie Hörmann von Hörbach (1843 – 1921), österreichische Dichterin, Schriftstellerin. Pseudonyme: Angellika von Gera

Am Teich

Ich kenne dich, du schwarzer Teich

Am Teich

Ich kenne dich, du schwarzer Teich,
Genau weiß ich den Tag,
Als eine Todte still und bleich
An deinem Rande lag;
Und als der Pöbel scheu und stumm
Sich langsam nahte dir
Und abergläubig, feig und dumm
Bekreuzte sich vor ihr;
Als eine Hand den schönen Leib
Mit Haken an sich riß -
Der rohe Hauf′ das todte Weib
Ein gottverdammtes hieß. -
Das starre Antlitz hold und bleich,
Schaut′ ich so manche Nacht,
In schwarzen Stunden, schwarzer Teich,
Hab′ oft ich dein gedacht.

Ada Christen

Christiana von Breden, geborene Friederik (1839 – 1901), österreichische Dichterin, Schriftstellerin. Bekannt auch als Ada Carla, Christine von Neupauer, Satanella

Nachtlied

Müde sank der Tag in den Arm der Nacht

Nachtlied

Müde sank der Tag
in den Arm der Nacht.
Sterne kommen zag
gnadenreich bewacht.

In den Bäumen ruhn
Vögel stumm und tief.
Sinnlos scheint das Tun.
Nur ein Käuzchen rief.

Mondbestrahlt und weiß
Schläft ein Engelskind.
Rosen duften heiß
in den kühlen Wind.

Laß auch uns erblühn,
innig sein und weit.
Nach des Tages Mühn
fühlen – Ewigkeit.

Francisca Stoecklin

Francisca Stoecklin (1894-1931), Schweizer Schriftstellerin, Dichterin, Malerin, Erzählerin