An die Verse

Ihr habt durch Wildnis mich geleitet

An die Verse

Ihr habt durch Wildnis mich geleitet
Wie Sterne, fallend in die Nacht,
Wart Lüge, habt mir Schmerz bereitet −
Zum Trösten fehlte euch die Macht.

Anna Achmatowa

Anna Andrejewna Achmatowa, geborene Gorenko (1889 – 1966), russische Dichterin, Schriftstellerin

Leider sind die russischen Webseiten zur Zeit kaum zu erreichen und sehr unsicher. Sobald sich die Lage nicht ändert, kann ich nicht das Original auf russisch auf meine Webseite zeigen.

original auf russisch:

K´sticham

Вы так вели по бездорожью,
Как в мрак падучая звезда.
Вы были горечью и ложью,
А утешеньем - никогда.

An den Bach

Was rauschst du vor mir dahin,

An den Bach

Was rauschst du vor mir dahin,
Du kühle, klare Fluth,
Von dieser Silberpappeln Grün
Beschirmt vor Sonnengluth?
Du eilst in jenes stille Thal,
Wo die drey Erlen stehn -
Ach dorthin, wo zum letzten Mahl
Ich Wilhelm jünst gesehn!

Es war ein schöner Frühlingstag,
So schön wird keiner mehr;
Im reinsten goldnen Licht lag
Die Gegend um uns her.
Die Sonne sank, ihr letzter Schein
hüllt' in ein Veilchenblau
Des Berges bewachten Gipfel ein,
Und schimmert' an der Au.

Da standen wir, du lieber Bach,
An deinem grünen Bord,
Und sahn dem Spiel der Wellen nach,
Und wagten nicht ein Wort.
Der Schmerz der nahen Trennung goß
MIr Schauer druch das Blut,
Und manch entschlürpftes Thränchen floß
Still in die kalte Fluth.

Da both er eine Rose mir,
Die er vom Strauche brach,
Ach, unbeschreiblich ist, was hier
Sein blaues Auge sprach!
Nun ist er fort, die Rosenzeit
Ich bin, die Blüthe leer -
Doch jenen Blick voll Zärtlichkeit
Vergess' ich nimmermehr!


Caroline Pichler

Caroline Pichler, geborene Greiner (1769 – 1843), österreichische Schriftstellerin, Lyrikerin, Salonniére, Kritikerin

Herz

Das seltsame, törichte, fragende Herz

Herz

Das seltsame, törichte, fragende Herz,
Im Glücke so bang, so glückselig im Schmerz -
Was mag es nur ewig so klopfen?
Es klopft, ach!
nicht ewig; es bebet, es harrt,
Bis das Blut in den Sängen des Lebens erstarrt,
Allmählich, von Tropfen zu Tropfen.

Dann schweigt es; dann ruht es; Dämonen der Welt
Sie tragen's ins haus, das nicht Helios bellt,
Das die Schatten Persephone's schwärzen;
Doch die darin pochte, die selige Kraft,
(Die Hülse zerstiebte) - sie hat sich entrafft,
Und fliegt an das Herz aller Herzen.


Ernst von Feuchtersleben

Ernst Maria Johann Karl Freiherr von Feuchtersleben (1806 – 1849), österreichischer Dichter, Essayist, Arzt, Psychiater, Philossoph

Zwei Lose

Ein plumper Kasten ward getragen

Zwei Lose

Ein plumper Kasten ward getragen
durchs Marktgewühl voll Achtsamkeit.
"Zerbrechlich! Eine Harfe!" warnte
auf ihm die Aufschrift, sichtbar weit.

Ein zartes Mädchen trat zur Seite,
die Augen überflort von Pein.
"Ein Herz! Zerbrechlich!" schien geschrieben
in diesem Jammerblick zu sein . . .

Beschädigt wurde nicht die Harfe
in ihrer starken Bretter Hut.
Sie klingt, wie immer sie geklungen,
und klingt im lebensfrohen Mut.

Doch in des zarten Leibes Hülle
hat nicht gerettet sich das Herz:
gebrochen ward's im Marktgewühle -
nun klagt es nimmer seinen Schmerz!

Isabella Arkadjewna Grinewskaja 

Isabella Arkadjewna Grinewskaja (1864 – 1944), russische Dichterin, Schriftstellerin. Pseudonym: Berta Beyle Friedberg

Leider sind die russischen Webseiten zur Zeit kaum zu erreichen und sehr unsicher. Sobald sich die Lage nicht ändert, kann ich nicht das Original auf russisch auf meine Webseite zeigen.

Dornen

Wenn am Rosenstock auch ein Dorn dich sticht,

Dornen

Wenn am Rosenstock auch ein Dorn dich sticht,
Das vergißt gar leicht, wer die Rose bricht.
Doch es durchzucken dich Schmerz und Zorn,
Wenn dich am Dornstrauch verletzt ein Dorn.

Minna Kleeberg

Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin

Das Äußere ist festgehalten

Aber das ist nicht der Punkt

A l’extérieur, retendue, la figure, la solidité; à l’intérieur, le plaisir, la peine, la pensée, la volonté, l’activité.

Mais ce n’est point là que s’arrête sa conviction ; elle pénètre plus aVant.

Das Äußere ist festgehalten, die Gestalt, die Festigkeit; das Innere ist Freude, Schmerz, Denken, Wille, Aktivität.

Aber das ist nicht der Punkt, an dem seine Überzeugung endet; Sie dringt weiter vor.

Théodore Simon Jouffroy

Simon Joseph Théodore Jouffroy (1796 – 1842), französischer Philosoph, Publizist

Geübtes Herz

Und je länger er darauf gespielt

Geübtes Herz

Weise nicht von dir mein schlichtes Herz,
Weil es schon so viel geliebet!
Einer Geige gleicht es, die geübet
Lang ein Meister unter Lust und Schmerz.

Und je länger er darauf gespielt,
Stieg ihr Wert zum höchsten Preise;
Denn sie tönt mit sichrer Kraft die Weise,
Die ein Kundiger ihren Saiten stiehlt.

Also spielte manche Meisterin
In mein Herz die rechte Seele,
Nun ist’s wert, dass man es dir empfehle,
Lasse nicht den köstlichen Gewinn!

Gottfried Keller

Gottfried Keller (1819 – 1890), Schweizer Dichter, Politiker, Schriftsteller, Dramatiker

aus: „Gedichte“ von Gottfried Keller. Verlag: Haessel, Leipzig, 1923. Vermischte Gedichte Seite 79

Musik

Meine Erzeugnisse sind durch den Verstand für Musik

Meine Erzeugnisse sind durch den Verstand für Musik und durch meinen Schmerz vorhanden, jene, welche der Schmerz allein erzeugt hat, scheinen am wenigstens die Welt zu erfreuen.

Franz Schubert

Franz Schubert (1797 – 1828), österreichischer Komponist