Kom Liebste

Das Haar, der Mund und diese Wangen

Kom Liebste

Kom Liebste, laß uns Rosen brechen,
Weil sie noch voll und farbig sind!
Laß andre, was sie wollen, sprechen.
Die Flucht schleicht sich den Jahren ein.

Wir müssen unverwendet schauen,
wie uns dis alles folgen muß.
Die Jugend trägt sich durch die Auen
geschwind mit unvermerckten Fuß.

Das Haar, der Mund und diese Wangen
Vergehen oft in kurzer Zeit.
Der Augenlichter goldne Spangen
Sein für dem Tode nicht befreyt.

Die ädle Schönheit der Geberden
Die meiner Liebe Mutter ist.
Kann durch den Wind verwehet werden.
Komm, Liebste, weil du jung noch bist!

Wer sucht den Maien unser Tage,
Ist er bereit einmal vorbei?
Häuft sich des Windes Leid und Plage,
So sind wir aller liebe frey.

Wie sich ein Regenstrom behende
von Bergen in die Thäler geust:
So reissen wir uns selbst zum Ende
Das uns itzund schon eylen heist.

Sind wir in dürren Sand geleget
So werden wir und bleiben bleich.
Ein Stock der keine Zweige träget
Ist keiner frischen Myrte gleicht.

Drum laß uns lieben, wie es gehet,
Eh noch der Abendstern anbricht.
Wer in der Liebe nichts verstehet,
Der braucht der edlen Jugend nicht.

David Schirmer

David Schirmer (1623 – 1688), deutscher Dichter, Bibliothekar. Pseudonyme: Der Bestimmende, DiSander

Sehnsucht

Sonnenblitze schimmern und die Stimmen

Sehnsucht

Niemals hab ich Liebeslust empfunden
In den raschen, mauerschwülen Stunden! –
Hier im alten Parke, wo nur noch verspätet

Sonnenblitze schimmern und die Stimmen
Müde in die Dunkelheit verschwimmen,
Möcht' ich lieben, wenn der Abend leise betet. –

Treten möcht' ich durch die offne Pforte
Und im Dämmer einer Liebsten Worte
Flüstern, bis Gewährung ihre Wangen rötet,

Dort, wo hinter goldumglänzten Gittern
Rote Rosen in Erwartung zittern
vor dem Herbst, der sie in seinem Arme tötet . . .

Stefan Zweig


Stefan Zweig (1881 – 1942), österreichischer Schriftsteller, Übersetzer, Pazisfist

Morgenlied

Um hellem Amselschlag

Morgenlied

Mit edlen Purpurröten
Und hellem Amselschlag,
Mit Rosen und mit Flöten
Stolziert der junge Tag.
Der Wanderschritt des Lebens
Ist noch ein leichter Tanz.
Ich gehe wie im Reigen
Mit einem frischen Kranz.

Ihr taubenetzen Kränze
Der neuen Morgenkraft
Geworfen aus den Lüften
Und spielend aufgerafft -
Wohl manchen ließ ich welken
Noch vor der Mittagsglut:
Zerrissen hab' ich manchen
Aus reinem Übermut!

Mit edelen Purpurröten
Und hellem Amselschlag.
Mit Rosen und mit Flöten
Stolziert der junge Tag -
Hinweg, du dunkle Klage,
Aus all dem Licht und Glanz!
Den Schmerz verlorner Tage
Bedeckt ein frischer Kranz.

Conrad Ferdinand Meyer

Conrad Ferdinand Meyer (1825 – 1898), Schweizer Dichter

Frühlingsfreude

Und hör‘ ich dein helles Lachen

Frühlingsfreude

Seh' ich erst wieder blühen
Die Rosen auf deinen Wangen,
So ist mir nie so lieglich.

Mag ich dein Aug' erst wieder
In stiller Klarheit schauen,
Nie war mir lieber die Wonne
Nach langem Wintergrauen.

Und hör' ich dein helles Lachen
Erst wieder klingen und schallen,
Was kümmert mich die Lerchen,
Die Drosseln und Nachtigallen? - 

Nun rede nicht vom Winter,
Wie schwer und trüb er gewesen:
Der Frühling ist gekommen
Und du, du bist genesen!

 Friedrich Wilhelm Weber

Friedrich Wilhelm Weber (1813 – 1894), deutscher Arzt, preußischer Zentrumsabgeordneter, Übersetzer und Versepiker

Das Rosenband

Im Frühlingsschatten fand ich sie

Im Frühlingsschatten fand ich sie:
Da band ich sie mit Rosenbändchen;
Sie fühlt es nicht und schlummerte.

Ich sah sie an: mein Leben hing
MIt diesem Blick an ihrem Leben:
Ich fühlt es wohl und wußt es nicht.

Doch lispelt ich ihr sprachlos zu,
Und rauschte mit den Rosenbändern:
Da wachte sie vom Schlummern auf.

Sie sah mich an: ihr Leben hing
Mit diesem Blick an meinem Leben,
Und um uns wands Elysium.

Friedrich Gottlieb Klopstock

Friedrich Gottlieb Klopstock (1724 – 1803), deutscher Dichter, Epiker

S

Die liebenden im Garten

Zephir streute Rosenblüten

Die liebenden im Garten

Durch den Garten irrt' ich sinnend,
Durch der Blumen bunte Pracht;
Sanfter Schimmer floß verrinnend
Durch des Laubenganges Nacht.

Und der Blumen farbig Feuer
Prangte reizend um mich her.
Leuchtend hob aus dunkelm Schleier
Sich die Rose, Düfte-schwer.

Und die Feuerlilien glühten
Flammenähnlich in den Kreis,
Und die Purpur-Nelken blühten
Bei der Lilie zartem Weiß.

Doch mich Armen mochte nimmer
Blumenduft und Reiz erfreun;
Ach, an Siddys Augenschimmer
Hing mein schmachtend Herz allein.

Und es weht ein ahnend Zittern
Wie von Götternäh' mich an;
Und der Laube trauten Gittern
Wagt' ich leise mich zu nahn.

Aber dichte Zweige woben
Von Syringen und Jasmin
Sich von unten bis nach oben,
Ganz sie hüllend in ihr Grün.

Ich zerriß den Flor von Zweigen,
Trat in ihren Tempel nun; -
Götter! und in heil'gen Schweigen
Sah ich Siddy schlummernd ruhn!

In der Locken seidnen Hülle,
Ihrer Anmuth unbewußt,
Ruhte sie in sichrer Stille,
Hob sich sanft die reine Brust.

Zephir stritt sich voll Entzücken
Mit dem rothen Abendschein,
Wer sie schöner möge schmücken,
Treuer sich der Holden weihn?

Säuselnd drang er durch die Aeste
In den Tempel, still und dicht;
Doch der Oeffnung von dem Weste
Folgte schnell das Abendlicht.

Zephir streute Rosenblüthe,
Hüllte ganz in Duft sie ein;
Doch der Abendstrahl umglühte
Sie mit lichtem Heil'genschein.

Vor der schönen Heil'gen nieder
Sank ich schweigend auf die Knie;
Und die holden Augenlieder,
O, wie süß erhob sie sie!

Und es klang vom zarten Munde:
Treuer, ja, auf ewig Dein!
Zeugen nur der heil'gen Stunde
Waren West und Abendschein.

Louise Brachmann

Karoline Louise Brachmann (1777 – 1822), deutsche Dichter, Schriftstellerin. Pseudonyme: Klarfeld, Louise B. Sternheim.

An die schöne Blume Susanna

Blühet immer Tag und Ncht

XXI.
An die schöne Blume Susanna

1.
Keine Lilie scheint so weiß/
Du hast noch viel schönern Preiß/
Meine Lilie/ deine Zier/
Geht den schönsten Blumen für.

2.
Weiß ist deine Stirn/ dein Hals/
Deine Zähnlein gleiches falls/
Weiß und roth die Wängelein/
Schöner als die Rosen seyn.

3.
Rosenfarbicht ist der Mund/
Lilienweiß das schöne Rund/
Das sich in zwey Berglein gibt/
Das man für zwo Welt beliebt/

4.
Jedes Rund hat mitten inn
Einen köstlichen Rubin/
Der von Milch und Honig fliesst/
Und den Nectar selbst versüsst.

5.
Lilienweiß sind Arm und Hand/
Mehrers ist mir nicht bekandt/
Da fällt gantz kein Zweiffel ein/
Es werd auch der Rest so seyn.

6.
Wo die Berge blumicht stehn/
Kan der Thal nicht minders sehn/
Dann je näher nach dem Fluß/
Je geblühmter ist der Fuß.

7.
O was Lust hat so ein Mann/
Der ihm also betten kan/
Daß sein Liebermattes Blut/
Nur auff Ros- und Lilgen ruht.

8.
Blühet immer Tag und Nacht/
O ihr Ros- und Lilgen Pracht/
Gehet immer mit der Zier/
Allen Ros- und Lilgen für.

9.
Was ich mier davon begehr/
Ist mier viel/ doch dir nicht schwer/
Lasse mich doch nur allein/
Einer Rosen fähig seyn.

10.
Fragestu/ O meine Zier/
Welche Rose dienet dir?
O mein Lieb was fragstu viel/
Weistu nicht was Liebe wil? 


Georg Greiflinger

Georg Greiflinger (1620 – 1677), deutscher Dichter, Zeitchronist, Zeitungsredakteur. Pseudonym Celadon, Seladon

Die Gnade sprach von Liebe

Die Gnade sprach von Liebe,
Die Ehre aber wacht
Und wünscht voll Lieb' der Gnade
In Ehren gute Nacht.
Die Gnade nimmt den Schlelier,
Wenn Liebe Rosen gibt,
Die ehre grüßt den Freier,
Weil sie die Gnade liebt.

Clemens von Bretano

Clemens Wenzeslaus Bretano (1778 – 1842), deutscher Schriftsteller

Die Rosen

Mit Grazien tanzt

Die Rosen

Der Rosen pflanz' ich immer mehr und mehr!
Weil Amor sich mit Rosenkränzen
Am liebst schmückt, wenn er
Mit den Grazien tanzt;
So werden in allen Herbsten und Lenzen
Rosen gepflanzt!

Mit Rosen schmück' ich mir mein braunes Haar,
Mit Rosen schmück' ich Amores Köcher,
Die ganze Musenschaar
Ist mit Rosen geschmückt,
Wenn Bachus in die geräumigen Becher
Rebensaft drückt!


J. W. L. Gleim

Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803) deutscher Dichter, Sekretär, Fabeldichter, Schriftsteller, Aufklärer