Krähen Ich will den Tag verbringen in den Feldern, will lächerlich wie jene Scheache stehen; die groen Vögel möchten aus den Wäldern auch so auf mein Gewand herniederwehn. Um Schultern krallen, flüstern in mein Ohr, aus Mären, die im grünen Buch sie lassen, von Hugin und von Munin, Thyr und Thor, von Yggdrasil, dem Weltenbaum der Asen. Und was der Väter Dienstwenok beim Adepten, des Roten Leuen Such, dem Blumengift, der Mauerspalte, drein sie bergend schleppten des sie den Herrn geheim erfundene Schrift, und anderes Gewinde, blumiges Kraus, altfränkisch duftend wie Leukojenblüten, was ihnen Nachtrab schrieb und Fledermaus und was sie selbst in kluges Häuptlein hüten. Doch manche würden gleich die Scholle hacken, um meine Füße, die zum Kosten lädt so wie ein Weißbrot, feucht und frisch vom Backen, bereitet mit dem blanken Feldgerät. An weißen Mandeln und dem Zitronat, an Engerlingen sich und Würmern letzten, der Süße endlich satt und Rast und Rat und schweigend sich auf meine Hände setzen. Und einmal schlügen Schwärme, Riesenwehen, den wilden Flug aus Mitternacht mir nach mit harten Liedern, die nur ich verstehe, in ihrem scharfen, ungefügen Krah. Mit unheilvollen Braus im düsteren Kleid und mit erzürnten, drohendem Bewegen; so fielen sie in gottlose Zeit und auf die Länder als ein schwarzer Regen. Die Welt verstummte. Bis der Weile stöhnte. Und weithin klagte heulend eine Stadt. Zerfreßnes Auge, das der Vater höhnte und seiner Mutter Herz verstoßen hat. Gertrud Kolmar
Gertrud Käthe Choziesner 1894 – 1943, ermordet in Ausschwitz) deutsche Lyrikerin, Schriftstellerin
Gedicht aus: Gesamtausgabe ‚Das lyrische Werk Gedicht aus: Gesamtausgabe Das lyrische Werke