Der Sonne schau‘ am Morgen, schau‘ am Abend!

Belohnt durch leben

Der Sonne schau' am Morgen, schau' am Abend!

Zur Sonne schau' am Morgen, schau' am Abend!
Die Sonne kennt dich nicht, sie sieht dich nicht.
Und tut dir doch so wohl und will dir wohltun.
Sie wirft mir ungeheuer Kraft hinaus
Ins Blaue! Tut sie Gutes nur ins Blaue?
Sie trifft! Sie wächst in Menschen und in Blumen
Und Blüten bis in tiefsten Meeresgrund,
Und nicht ein Strahl geht irgendwo verloren!
Und mußt du kennen, wem du wohltun sollst?
Den Fremden, Fernen weigerst du die Liebe?
Den spätern Menschen und den spätern Blumen?
Und kennst du wirklich auch den Menschen so,
Der vor dir steht? Und wär' er kein Geheimnis,
Er würd' es dir. Denn bist du ganz erfüllt
Für ihn von Lie' und Güte, glaube nur,
Dann siehst du ihn nicht, wie die Sonne dich nicht,
Vor himmelischwarmer Glut und reinem Licht,
Bedarfst du sein nur freudig: daß er sei!
Die Rose ist für ihren Duft schön herrlich
Belohnet durch ihren Düften; und die Sonne
Für ihr Erleuchten durch das Licht! Der Mensch
Ist für das Lieben durch die Liebe reich
Belohnt, der Mensch ist für das Leben voll
Belohnt durch leben. Lerne das am Himmel!
Und lerne das auf Erden, selbst vom tun!
Darum unterscheide keinen, der da lebt!
Nicht den, der deinen Feind sich nennt, noch Freund;
Drum unterscheide nichts, was lebt; die Frucht nicht
Vom Baume, noch den Hirten von der Herde,
Das Lamm vom Grafe nicht, das Gras vom Tau,
Den Tau von seinem Glanz und Schein. Steh' mitten
Im All der Liebe! lebe, liebe nur!

Der Sonne schau' am Morgen, schau' am Abend!

Christian Friedrich Hebbel

Christian Friedrich Hebbel (1813 – 1863), deutscher Dichter, Dramatiker, Lyriker

Liebe ist der Sinn füreinander

Genuß kann den Sinn beleben

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Das Erste in der Liebe ist der Sinn füreinander, und das Höchste, der Glauben aneinander. Hingebung ist der Ausdruck des Glaubens, und Genuß kann den Sinn beleben und schärfen, wenn auch nicht hervor bringen, wie die gemeine Meinung ist. Darum kann die Sinnlichkeit schlechte Menschen auf eine kurze Zeit täuschen, als könnten sie sich lieben.

Friedrich Schlegel  

Karl Wilhelm Friedrich von Schlegel (1772 – 1829), deutscher Schriftsteller, Literatur- und Kunstkritiker, Kulturphilosoph, Altphilologe, Platoniker

Gutes erweisen

muß man mit verdoppeltem Zartgefühl behandeln

Einen Menschen, dem man Gutes erweist, muß man mit verdoppeltem Zartgefühl behandeln.

Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821 – 1881), einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller

Leider sind die russischen Webseiten zur Zeit kaum zu erreichen und sehr unsicher. Sobald sich die Lage nicht ändert, kann ich nicht das Original auf russisch auf meine Webseite zeigen.

eigenes Glück

wirkt sie mehr störend und nachteilig als förderlich

Sofern auf dieser Eigenschaft das Gefühl der Ehre beruht, mag sie für das Wohlverhalten vieler, als Surrogat ihrer Moralität, von ersprießlichen Folgen sein; aber auf das eigene Glück des Menschen, zunächst auf die diesem so wesentliche Gemütsruhe und Unabhängigkeit, wirkt sie mehr störend und nachteilig als förderlich ein.

Arthur Schopenhauer

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), deutscher Philosoph, Hochschullehrer, Schriftsteller

Die normalen, gewöhnlichen Menschen

kann eine Sache allein dadurch lebhafte Teilnahme abgewinnen

Dem normalen, gewöhnlichen Menschen kann eine Sache allein dadurch lebhafte Teilnahme abgewinnen, daß sie seinen Willen anregt, also ein persönliches Interesse für ihn hat. Nun ist aber jede anhaltende Erregung des Willens wenigstens gemischter Art, also mit Schmerz verknüpft. Ein absichtliches Erregungsmittel desselben und zwar mittels so kleiner Interessen, daß sie nur momentane und leichte, nicht bleibende und ernstliche Schmerzen verursachen können, sonach als ein bloßes Kitzeln des Willens zu betrachten sind, ist das Kartenspiel, diese durchgängige Beschäftigung der »guten Gesellschaft«, aller Orten.

Arthur Schopenhauer

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), deutscher Philosoph, Hochschullehrer, Schriftsteller

Einsamkeit

In der Einsamkeit ist man glücklicher als in der Welt

On est plus heureux dans la solitude que dans le monde. Cela ne viendrait-il pas de ce que dans la solitude on pense aux choses, et que, dans le monde, on est forcé de penser aux hommes ?

In der Einsamkeit ist man glücklicher als in der Welt. Könnte das nicht daher kommen, dass man in der Einsamkeit an Dinge denkt und in der Welt gezwungen ist, an Menschen zu denken?

Nicolas Chamfort

Sébastien Roch Nicolas de Chamfort (1741 – 1794), französischer Dramatiker, Mitglied der Académie Française

gesellschaftliche Institutionen

den Menschen in einer Mittelmäßigkeit zu halten

La plupart des institutions sociales paraissent avoir pour objet de maintenir l’homme dans une médiocrité d’idées et de sentiments qui le rendent plus propre à gouverner ou à être gouverné.

Die meisten gesellschaftlichen Institutionen scheinen darauf abzuzielen, den Menschen in einer Mittelmäßigkeit von Ideen und Gefühlen zu halten, die ihn besser geeignet macht, zu regieren oder regiert zu werden.

Nicolas Chamfort

Sébastien Roch Nicolas de Chamfort (1741 – 1794), französischer Dramatiker, Mitglied der Académie Française

Die Lüge

wird vom Gefühle der Völker schärfer gerichtet

Die Lüge, der treffende Lippenkrebs des innern Menschen, wird vom Gefühle der Völker schärfer gerichtet und bestimmt, als von den Philosophen.

Jean Paul

Johann Paul Friedrich Richter (1763 – 1825), deutscher Schriftsteller, Publizist, Pädagoge, Dichter

Die meisten Menschen sind darum unglücklich

weil sie nie tun, was sie wollen

Die meisten Menschen sind darum unglücklich, weil sie nie tun, was sie wollen, noch was sie sollen.

Fanny Tarnow

Franziska Christiane Johanna Friederike Tarnow (1779 – 1862), deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin. Pseudonyme Fanny, F.T.