Ach mein Liebster, o mein Licht

Ich kann kaum mehr den Mund erheben

1.
Ich fühle lauter Angst und Schmerzen
So oft ich nur an ihn gedenk
Mein liebster Schatz in meinem Herzen
Er macht daß ich mich stündlich kränk
Ach! Ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

2.
Ich kann kaum mehr den Mund erheben
Zu singen einen Lobgesang
Der ganze Leibe säht an zu böben
Das währt den ganze Sommer lang.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

3.
Wo er nicht kommt und mich ergötzet
So muß ich sterben also bald
Weil mir der Schmerz das Herz verletzet
bin schon vor große Trauer kalt.
Ach: ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

4.
Ist das die Liebe gar vergangen
Die angelobte starke Treu.
Ich warte seiner mit Verlangen
kein Schreiben hilft und macht mich frei.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

5.
So oft ich schlaf in meinem Bette
Welche doch gar selten kann geschehn
So deut mich als wenn Ihn nicht bette
In meinen Armen angesehn.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

6.
So offte seine roten Wangen
Der schöne Mund, das krause Haare
Muß mehr und nähren mein Verlangen
So oft will ich verzweifeln gar.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

7.
Nun schweig' ich, kann nicht weiter singen
der matte Mund bestehet mir
Die Seufzen muß ich lasse dringen
aus meines Herzen Schloß erfür
Ach' ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

Dorothea Eleonora von Rosenthal

(Gedicht so gut wie möglich wiedergegeben)

Dorothea Eleonora von Rosenthal (1600 – 1649), deutsche Dichterin, Schriftstellerin

Morgengedanke

Mein ruhig Herz und dieser stille Friede,

Morgengedanke 1761

Der Morgen dreht sein heitres Angesichte
Uns lächelnd zu, und weckt mit sanftem Lichte
Die Creaturen an den Tag hervor!
Der Sperling schwazt, die muntern Hähne krähen
Den Lobgesang, und aller Augen sehen,
Zu Gott, der sie ernährt, empor.

Auch ich bin wach, und meinem ersten Blicke
Befehl ich, daß er Dank zum Himmel schicke
Für diese Ruh, für diese sanfte Nacht!
Es ist ein Gott, der diese Welt regieret,
Der aus dem Staub mich wunderbar geführet,
Und der mir Freud und Freunde macht!

Es ist ein Gott! er sah oft meine Zähren,
Und hörte Kinder Brod von mir begehren,
Wann lange schon die Mittags-Sonne schien.
Sie sind dahin, die Tage meiner Plagen,
Und daß nach Brod nicht meine Sorgen fragen;
Dies will mein Gott, dies ist durch ihn

Mein ruhig Herz und dieser stille Friede,Der um mich herrscht, der keinen Tag mich müde
Von Arbeit, oder von Verdrusse, sieht;
Das sanfte Feur, das durch die Adern dringet,
Und dis Gefühl, das in mir denkt, und singet,
Das dank ich dem, der mich durch Güte zieht.

Ich heische nicht aus seinen vollen Händen
Ein grösser Glück. Nicht Reichthum soll er senden,
Nicht eiteln Ruhm und was ins Auge fällt.
Mein Mittelstand, der Rock, der reinlich kleidet,
Ein gnugsam Brod, genossen unbeneidet,
Dies sey mein Theil und bleib es in der Welt.

Anna Luise Karsch.

Anna Luise Karsch, geborene Dürbach (1722 – 1791), deutsche Dichterin, Schriftstellerin