Zugvögel

Das Vöglein in blauer Luft / Zugvögel

Vöglein in blauer Luft,
Hab' dich so gerne,
Schwebst über Meer und Kluft
Sanft wie die Sterne,
Hin, wo der Frühling blüht,
Trägst du dein schwellend Lied --
Grüß' mir die Ferne!

Wenn sich dein Flügel spannt 
Seligem Triebe, 
Fühlt sich das Herz verbannt, 
Wo ich auch bliebe -- 
Vöglein vergiß mir nicht, 
Was meine Sehnsucht spricht: 
Grüß' mir die Liebe!

Fliegst in die Welt hinein, 
Hörst nicht mein Flehen? 
Willst nicht mein Bote sein? 
Kannst nicht verstehen, 
Ob ich gelacht, geweint? 
Nun denn, Ade mein Freund, 
Laß mich vergehen!

Und eine andre Schaar 
Regt das Gefieder -- 
Ewig mir treu und wahr 
Bleiben die Lieder! 
Tragen den Gruß in's All,
Bringen des Himmels Schall 
Göttlich mir wieder!

Karoline Fidler

Karoline von Fidler (1801-1874), deutsche Dichterin. andere Namen: Karoline Winkler, Karoline Charlotte Schultz


Sonnenuntergang

Abends wenn die Sonne untergeht

Sonnenuntergang

Abends wenn die Sonne untergeht,
sitz ich trauernd, träumend in Gedanken
an die Stunden, die in nichts versanken,
bis die alte Zeit mir aufersteht.

Schemenhaft naht mir vergangnes Glück,
meinen Kummer täuschend zu besiegen.
Mit der Dämmrung kommt es aufgestiegen,
nur mein Liebstes bringt es nicht zurück.

Ruhelos, verzweifelt irr ich dann
durch die Zimmerflucht beim Abendscheine.
Einen Tag wie alle Tag alleine -
Komm, o komm doch, heißgeliebter Mann!

Hilf der hoffnungslosen Liebe Not,
du, mein Gott, reiß ab die Lebensstunden,
heilt so leicht doch alle Herzenswunde
handauflegend der Erlöser Tod.

 Else Galen-Gube

Elisabeth Galen-Gube, geborene Galen(1869-1922), deutsche Schriftstellerin, Dichterin. Pseudonym: Else Galen-Gube

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Wenn der Jasmin vor meinem Fenster blüht

wenn Stille herrscht, blutrot der Vollmond glüht

Wenn der Jasmin ...

Wenn der Jasmin ……

Wenn der Jasmin vor meinem Fenster blüht,
wenn Stille herrscht, blutrot der Vollmond glüht,
dann kommt die Sehnsucht mit der Mitternacht,
wo alles schläft – nur mein Verlangen wacht,
es bläst mit Feueratem zu mir her
und fordert Liebe! … Liebe? Noch viel mehr!
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Die Nacht vergeht mit müdem, schweren Schritt.
O nähm sie mich ins ewge Dunkel mit!
Der Morgen naht in fahlem Nebelgrau,
einsam, verzweifelt lieg ich arme Frau
und späh mit heißen Blicken rings umher
nach Liebe – doch mein Pfühl bleibt liebeleer.

 Else Galen-Gube

Elisabeth Galen-Gube, geborene Galen(1869-1922), deutsche Schriftstellerin, Dichterin. Pseudonym: Else Galen-Gube

Aus roter Leidenschaft

und meine Liebe die glüht, die loht

Aus roter Leidenschaft

Du! Ich bin rot, ich bin dreimal rot,
und meine Liebe die glüht, die loht
wie der Fackeln flackerndes Feuer.
Die lockt und die winkt mit weißen Armen,
die kennt kein Erbarmen – – –

— — — — — —

Du! Ich bin rot,
doch süß ist der Tod
in meinen Armen ... 

 Else Galen-Gube

Elisabeth Galen-Gube, geborene Galen(1869-1922), deutsche Schriftstellerin, Dichterin. Pseudonym: Else Galen-Gube

Wo einst dein Fuß auf Rasen schritt …

Und jede Spur, sie ist verweht

Wo einst dein Fuß auf Rasen schritt …

Wo einst dein Fuß auf Rasen schritt,
liegt heut der weiße Winterschnee,
und du, du wandelst nicht mehr
zum Grottenplatz am Erlbuschsee.

Und jede Spur, sie ist verweht,
wo wir gelagert, Brust an Brust,
verweht das stille Veilchenbeet,
das manch Geheimnis mitgewußt.

Wer ruft nach mir? – Ein Seufzer glitt
aus meiner Brust im Sehnsuchtsweh …
Wo einst dein Fuß auf Rasen schritt,
liegt heut der weiße Winterschnee. - -

Else Galen-Gube

Elisabeth Galen-Gube, geborene Galen(1869-1922), deutsche Schriftstellerin, Dichterin. Pseudonym: Else Galen-Gube

Spielmannslied

Wie Rosenduft verweht mein Sang

Spielmannslied

Vertrau' mir nicht, mein schönes Kind,
Glaub nimmer meinem Schwur, 
Ich bin so flüchtig wie der Wind 
Und wie des Glückes Spur.

Wie Rosenduft verweht mein Sang,
Verweht mein kleines Lied,
Wenn's dir auch tief zum Herzen drang,
Es flieht, dahin es flieht.

So flieht die Liebe schnell dahin,
Die mir das Herz erfaßt,
Gar unstät ist mein loser Sinn, 
Ich leb' in froher Hast.

Bin heute hier und morgen dort,
Wie mich das Leben dingt,
O glaube nie dem Liebeswort,
Das dir ein Spielmann singt! 

Maria Stona

Maria Stona, geborene Maria Scholz (1861 – 1944), Dichter, Schriftstellerin, Sallonieré. Pseudonyme: Maria Stonawski, Maria Stona

Liebe

Was ist die seligste Wonne auf Erde?

Liebe

Was ist die seligste Wonne auf Erde?
Zu lieben und wieder geliebt zu werden.
Was läßt das Herz sich gar tief betrüben?
Zu lieben und nimmer geliebt zu sein;
Doch das ist die größte, die schwerste Pein:
Geliebt zu werden und nicht zu lieben.

Minna Kleeberg

Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin

Heilig Geliebter du!

Wohl brandet an der Seele Port

Heilig Geliebter du!

Es thront ein Bild im Heil'genschrein
Und schirmt des Hauses Ruh',
So thronst du tief im Herzen mein,
Heilig Geliebter du!

Wohl brandet an der Seele Port
Versuchung sonder Ruh',
Du schirmst mich treu, mein Schutz und Hort,
Heilig Geliebter du!

Und in die bange Seele kehrt
Auf's Neue Glück und Ruh',
So bin ich dein und deiner werth,
Heilig Geliebter du! 

Minna Kleeberg

Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin

Ach mein Liebster, o mein Licht

Ich kann kaum mehr den Mund erheben

1.
Ich fühle lauter Angst und Schmerzen
So oft ich nur an ihn gedenk
Mein liebster Schatz in meinem Herzen
Er macht daß ich mich stündlich kränk
Ach! Ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

2.
Ich kann kaum mehr den Mund erheben
Zu singen einen Lobgesang
Der ganze Leibe säht an zu böben
Das währt den ganze Sommer lang.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

3.
Wo er nicht kommt und mich ergötzet
So muß ich sterben also bald
Weil mir der Schmerz das Herz verletzet
bin schon vor große Trauer kalt.
Ach: ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

4.
Ist das die Liebe gar vergangen
Die angelobte starke Treu.
Ich warte seiner mit Verlangen
kein Schreiben hilft und macht mich frei.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

5.
So oft ich schlaf in meinem Bette
Welche doch gar selten kann geschehn
So deut mich als wenn Ihn nicht bette
In meinen Armen angesehn.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

6.
So offte seine roten Wangen
Der schöne Mund, das krause Haare
Muß mehr und nähren mein Verlangen
So oft will ich verzweifeln gar.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

7.
Nun schweig' ich, kann nicht weiter singen
der matte Mund bestehet mir
Die Seufzen muß ich lasse dringen
aus meines Herzen Schloß erfür
Ach' ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.

Dorothea Eleonora von Rosenthal

(Gedicht so gut wie möglich wiedergegeben)

Dorothea Eleonora von Rosenthal (1600 – 1649), deutsche Dichterin, Schriftstellerin

Der Frühling

Als das Herz mit ihm bekannter Weisen

Der Frühling
(an die Frau von Wrech)

Freundin dessen, der die Welt regieret,
Der an diamantnen Ketten führet
Jene Sonnen über unserm Haupt!
Sieh'! an seiner Ordnung goldnen Seilen
Muß der Frühling neu herunter eilen
Mit dem Schmuck, den ihm der Herbst geraubt.

Siehe! wie beflügelt er gekommen
Und die Trauer der Natur benommen.
Wie er sie schon jugendlich geschmückt,
Mädchen, die den Lenz im Antlitz haben,
Männer, Jünglinge und kleine Knaben
Und der Greiß, der sich am Stabe bückt;

Alles geht, gereizt von den Gerüchen
Junger Veilchen, die so niedrig kriechen
Und doch edler, als die Tulpen sind!
Und der Hyacinthen ofne Glocken
Duften Balsam, den um seine Locken
Dir entgegen trägt der Frühlingswind.

Blat und Frucht, die in der Knospe lagen
Dringen sich des Schöpfers Lob zu sagen,
Aus der Hülle nun mit Macht hervor.
Wenn die stummen Redner prächtig blühen,
Steigt, in regellosen Symphonien
Aus den Zweigen ein Gesang empor!

Ohne Muse, ohne Kunst und Schriften
Singt die Lerche, schwebend in den Lüften,
Unaufhörlich ihr pindarisch Lied
Unter ihr, in früher Tagesstunde,
Singt mit bäurisch vollgenommnem Munde
Auch die Einfalt, welche Furchen zieht!

Lämmer, die noch an den Müttern saugen,
Blöken dem zum Lobe, dessen Augen
Das Insekt im Staube kriechen sehn.Ihn muß so der Wurm im Grase preisen,
Als das Herz mit ihm bekannter Weisen,
Als die Räder, die den Weltbau drehn.

O du Tochter seiner Lieb und Güte,
Der in jedem Lenz die junge Blüthe,
Und die grüne Saat sein Lob beschreibt.
Höher, als der Dichtgeist in dem Fluge
Preisest du mit jedem Athemzuge
Einen Gott, der deine Freude bleibt!

Alles singt ihm. – Seine Nachtigallen
Oft behorchend, will ich Lieder lallen
Voll vom Lobe dessen, der mich schuf;
Bienen, die auf Lindenwipfeln summen,
Und des Fleisses Lehrer, jene Stummen
Im Erdhaufen, werden mir ein Ruf!

Anna Luise Karsch

Anna Luise Karsch, geborene Dürbach (1722 – 1791), deutsche Dichterin, Schriftstellerin