Liebe

Die Liebe fing mich ein mit ihren Netzen,
Und Hoffnung bietet mir die Freiheit an;
Ich binde mich den heiligen Gesetzen,
Und alle Pflicht erscheint ein leerer Wahn.
Es stürzen bald des alten Glaubens Götzen,
Zieht die Natur mich so mit Liebe an.
O süßer Tod, in Liebe neu geboren,
Bin ich der Welt, doch sie mir nicht verloren

Clemens von Bretano

Clemens Wenzeslaus Bretano (1778 – 1842), deutscher Schriftsteller

Liebe

Morgen schicke ich dir diesen Brief, morgen erhalte ich vielleicht einen Brief von dir; wenn du mich recht liebtest, so müsstest du ja gleichsam mit mir deine Briefe erwarten. Wenn ich dir schreibe, so sehe ich, wie du jede Zeile mit deinen lieben Augen liest, ja ich sehe gar nicht, was ich schreibe, ich sehe nur deine Augen. Ich möchte auch gar nicht aufhören dir zu schreiben …

Clemens von Bretano

Clemens Wenzeslaus Bretano (1778 – 1842), deutscher Schriftsteller

Saphire

Saphire

Saphire sind die Augen dein,
Die lieblichen, die süßen.
Oh, dreimal glücklich ist der Mann,
Den sie mit Liebe grüßen.

Dein Herz, es ist ein Diamant,
Der edle Lichter sprühet.
Oh, dreimal glücklich ist der Mann,
Für den es liebend glühet.

Rubinen sind die Lippen dein,
Man kann nicht schönre sehen.
Oh, dreimal glücklich ist der Mann,
Dem sie die Liebe gestehen.

Oh, kennt ich nur den glücklichen Mann,
Oh, daß ich ihn nur fände,
So recht allein im grünen Wald,
Sein Glück hätt bald ein Ende.

Heinrich Heine

Christian Johann Heinrich Heine (Harry Heine), (1797 – 1856), deutscher Dichter und Romancier, ein Hauptvertreter des Jungen Deutschland, Begründer des modernen Feuilletons

Liebe

Wie die Liebe alles verändert und umstürzt

„Wie die Liebe alles verändert und umstürzt! Das »Ich« ist ein Hirngespinst. Ich fühle bestimmt, daß ich nicht »Ich« bin. Ich bin »Sie«, und um das zu sein, brauche ich gar nichts an mir aufzugeben. Ihre Interessen, Ihre Neigungen, Ihr Glück, Ihre Freuden – das ist das »Ich«, lieber Freund, das mir lieb und wert und vertraut ist. Alles übrige ist mir etwas Fremdes.“

Julie Jeanne de Lespinasse

Julie Jeanne de Lespinasse (1732 – 1776) französische Schriftstellerin und Salonnierende der Aufklärung

aus: „Die Liebesbriefe der Julie de Lespinasse„. Übertragen und eingeleitet von Arthur Schurig. Lehmann, Dresden 1920

Freundschaft

den Zauber der Freundschaft

Ich danke Ihnen die süße Wonne, den Zauber der Freundschaft.

Julie Jeanne de Lespinasse

Julie Jeanne de Lespinasse (1732 – 1776) französische Schriftstellerin und Salonnierende der Aufklärung

aus: „Die Liebesbriefe der Julie de Lespinasse„. Übertragen und eingeleitet von Arthur Schurig. Lehmann, Dresden 1920

An eine junge Italienerin

Der Regen peitscht das Dach

An eine junge Italienerin

Noch knirscht der Februar, von Schnee und Reif umschauert,
Der Regen peitscht das Dach, kalt pfeifts in den Alleen;
Du aber seufzest schon: Mein Gott, wie lang das dauert.
Wann werden im Gehölz wir Veilchen pflücken gehn?

Kind, Frankreichs Himmel ist ein Tränensieb. Im Pelze
Am flammenden Kamin sitzt fröstelnd unser Lenz;
Paris vergeht im Schmutz, wenn auf dem grünen Schmelze
Der Wiesen sein Geschmeid längst ausgelegt Florenz.

Sieh, kahl sind Park und Flur; zu warten gilts ein Weilchen.
Dich hat dein Herz getäuscht, das warm und südlich glüht;
Dein blaues Auge nur, sonst gibts hier noch kein Veilchen
Und keinen Lenz, als der auf deiner Wange blüht. 

Théophile Gaurier

Théophile Gautier (1811 – 1872), französischer Erzähler, Lyriker und Kritiker

aus: ‚Gedichte an geliebte Frauen‘

Übersetzung von: Emanuel Geibel (1815 – 1884)

Junge Liebe

Verzaubert ist die Welt ringsum

Junge Liebe

Ein düstrer Spätnovembertag
und doch, mir ist, als klänge
rings süsser Nachtigallenschlag,
als blühten Baum und Strauch und Hag
in Duft und Lenzgepränge!

Verzaubert ist die Welt ringsum,
zur Nachtzeit scheint die Sonne,
ein Lied geht mir im Kopf herum,
doch meine Lippen bleiben stumm
vor übergrosser Wonne.

Vor Wonne, Lust und Seligkeit
o Licht, o Sang, o Blüte!
Vergessen ist das alte Leid,
die Welt so schön, das Herz so weit,
so selig mein Gemüte!

Die Liebe schäumt wie junger Wein,
dass ich fast trunken werde;
o lasst mich selig trunken sein
wie schön ist doch im Wiederschein
der Liebe diese Erde!

Anna Klie

Anna Klie (1885 -1913), deutsche Kinder- Jugendbuchautorin, Schriftstellerin, Dichterin, Lyrikerin