Unkraut im Garten der Seele

wenn du noch auf dem Rad des Lebens

Warum jätest du Unkraut im Garten der Seele, wenn du noch auf dem Rad des Lebens rollen willst? Es ist wahr, am schädlichsten sind einige Pflanzen darin; Aber pflücke sie, wenn du das Ganze beeinträchtigen willst.

Abdul al-Maharri

Abdul al-Maharri (Abulola Moarrensis) (973 – 1057), arabischer Philosoph, Dichter

Ich will doch sehen

wie viele man auf einmal beisammen haben kann

Ich will doch sehen, wie viele man auf einmal beisammen haben kann, ohne daß sie sich einander die Köpfe abbeißen.

Jakob Wassermann

Jakob Wassermann (1873 – 1934), deutscher Schriftsteller

nur dieses Mal

welch wohltätiger Zauber

Die Menschen wissen nicht, was sie tun, wenn sie sagen: Ich tu’s nur dies eine Mal. Sie wissen nicht, welch wohltätigen Zauber sie zerstören. Daß einmal nie einmal bleibt.

Otto Ludwig

Otto Ludwig (1813 – 1865) deutscher Schriftsteller.

aus: „Zwischen Himmel und Erde“. Verfasser: Otto Ludwig. Vierte Auflage 1873. Verlag: Otto Janke, Berlin.

Glück

Nicht der Himmel ist das Glück

Nicht der Himmel bringt das Glück; der Mensch bereitet sich sein Glück und spannt seinen Himmel selber in der eigenen Brust.

Otto Ludwig

Otto Ludwig (1813 – 1865) deutscher Schriftsteller.

aus: „Zwischen Himmel und Erde“. Verfasser: Otto Ludwig. Vierte Auflage 1873. Verlag: Otto Janke, Berlin.

Schluß

Nicht für viele, nicht für manche

Schluß

Und nun ist mein Lied zu Ende,
Und ich hab‘ es doch gesungen,
Alter Uhu, dir zum Trotze,
Dir und deinen Lästerungen.

Manchmal wollt‘ ich schier verzagen,
Dacht‘ ich an dein bittres Höhnen,
Sah ich deine Schlote rauchen,
Hört‘ ich deine Hämmer dröhnen;

Drang zu meiner weltvergeßnen
Siedelei im Wasserschlosse
Das Gewieher und Gebrause
Deiner dampfbeschwingten Rosse.

Denn die Zeit ist schwer; ehrwürd’ge
Heil’ge Satzung wird zur Fabel,
Recht zu Aberwitz; aus Trümmern
Baut der Wahn ein neues Babel;

Wild die Herzen, feil die Treue,
Gold und Macht die höchsten Götter,
Und den Altar unterwühlen
Hier die Heuchler, dort die Spötter.

O, die Zeit ist schwer geworden,
Und mich mahnt ihr wirres Rauschen;
Anderm Saitenspiel als solchem,
Andrer Lehre will sie lauschen.

Doch, was quillt, das muß zutage,
Und in langen Winternächten
Fuhr ich fort, getrosten Mutes,
Einsam Reim an Reim zu flechten.

Nicht für viele, nicht für manche;
Nur für diesen, nur für jenen,
Der abseits der großen Straße
Horchen mag verlornen Tönen:

Wie zu einer Waldkapelle
Nicht im Feierzug die Frommen,
Doch abseits der großen Straße
Jägersmann und Pilgrim kommen,

Die allein, gebückten Hauptes
Durch das niedre Pförtlein treten,
Um am kleinen staubbedeckten
Holzaltare still zu beten;

Scheidend dann zu dürren Kränzen,
Die sich sacht im Winde regen,
Wohl als Opferspend‘ ein armes
Reis von ihrem Hut zu legen. –

Helf‘ uns Gott den Weg zur Heimat
Aus dem Erdenelend finden:
Betet für den armen Schreiber,
Schließt der Sang von Dreizehnlinden!

Friedrich Wilhelm Weber

Friedrich Wilhelm Weber (1813 – 1894), Dichter, Arzt, Politiker. Pseudonym ‚B. Werder‘

aus: „Dreizehnlinden“, ein Epos von Friedrich Wilhelm Weber. Verfasser: Friedrdich Wilhelm Weber. Verlag: Ferdinand Schönigh, Paderborn, 1884

Die Kunst

Alles fließt. Nur die Kunst

Alles fließt. Nur die kunst 
bedeutet bleibende küste.
die stadt ihren dunst
überdauert die büste.
Ein stück von altem, schmucklosem geld
das jemand (ein schrulliger, leiser)
entdeckte im feld
offenbart das antlitz von einem kaiser

Théophile Gaurier

Théophile Gautier (1811 – 1872), französischer Erzähler, Lyriker und Kritiker