Wunder Daß die Lerchen wieder singen, Daß sich Schmetterlinge schwingen, Gelb und schwarz mit goldnem Saum, Daß sich grüne Gräser treiben, Auch nicht eins zurück will bleiben, Man glaubt es kaum. Daß sie bricht, die starre Binde, Daß die lauen Abendwinde Knospen zieh'n aus Busch und Baum, Daß die Amsel tiefe, volle Töne durch die Wälder rolle, Man glaubt es kaum. Daß man durch die Luft, so milde, Kinderschaaren, liebe wilde, Jauchzen hört im fernen Raum – Lang im dumpfen Haus gesessen, Aber schnelle, schnell vergessen – Man glaubt es kaum. Und es will mich immer fragen, Mir in's Ohr ein Wörtlein sagen, Und es ist mir wie im Traum, Daß ich selbst vor Jahren, Jahren Spielte mit den Kinderschaaren, Man glaubt es kaum. Friedrich Theodor Vicher
Friedrich Theodor Vicher (1807 – 1887), deutscher Philosoph, Dichter, Schriftsteller
aus: „Lyrische Gänge“ von Friedrich Theodor Vicher. Verlag: Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt, 1882. Faust’sche Stimmen, Seite 16 – 17