Der Igel und Agel

Ein Igel saß auf einem Stein

Igel und Agel

Ein Igel saß auf einem Stein
und blies auf einem Stachel sein.
Schalmeiala, schalmeialü!
Da kam sein Feinslieb Agel
und tat ihm schnigel schnagel
zu seinen Melodein.
Schnigula schnagula
schnaguleia lü!


Das Tier verblies sein Flötenhemd...
„Wie siehst du aus so furchtbar fremd!?“
Schalmeiala, schalmeialü —.
Feins Agel ging zum Nachbar, ach!
Den Igel aber hat der Bach
zum Weiher fortgeschwemmt.
Wigula wagula
waguleia wü
tü tü...

Christian Morgenstern

Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer

Der Würfel

Ich bin mir selbst nicht völlig zum Gewinn

Der Würfel

Ein Würfel sprach zu sich: "Ich bin
mir selbst nicht völlig zum Gewinn!

Denn meines Wesens sechste Seite,
und sei es auch Ein Auge bloß,
sieht immerdar, statt in die Weite,
der Erde ewig dunklen Schoß."

Als dies die Erde, drauf er ruhte,
vernommen, ward ihr schlimm zu Mute.

Du Esel," sprach sie, "ich bin dunkel,
weil dein Gesäß mich just bedeckt!
Ich bin so licht wie ein Karfunkel,
sobald du dich hinweggefleckt.

Der Würfel, innerlichst beleidigt,
hat sich nicht weiter drauf verteidigt.

Christian Morgenstern

Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer

Der Seufzer

Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis

Der Seufzer.

Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis
und träumte von Liebe und Freude.
Es war an dem Stadtwall, und schneeweiß
glänzten die Stadtwallgebäude.

Der Seufzer dacht an ein Maidelein
und blieb erglühend stehen.
Da schmolz die Eisbahn unter ihm ein -
und er sank - und ward nimmer gesehen.


Christian Morgenstern

Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer

Der Rabe Ralf

dem niemand half

Der Rabe Ralf

Der Rabe Ralf
will will hu hu
dem niemand half
still still du du
half sich allein
am Rabenstein
will will still still
hu hu

Die Nebelfrau
will will hu hu
nimmt's nicht genau
still still du du
sie sagt nimm nimm
's ist nicht so schlimm
will will still still
hu hu

Doch als ein Jahr
will will hu hu
vergangen war
still still du du
da lag im Rot
der Rabe tot ,
will will still still
du du


Christian Morgenstern

Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer

Das große Lalula

Hontraruru miromente zasku zes rtt rfi

Das große Lalula

Kroklokwafzl? Semememil Seiokrontro — prafriplo: Bifzi, bafzf; hulaierah quastl bastl bo . . . Lalu lalu lalu lala la!

Hontraruru miromente zasku zes rtt rfi? Entepente, lelolente klekwapufzi lu? Lain lalu lalu lalu lal

Slmarar kos malzipempu silzuzankunkrel (;)! Marjomar dos; Quempu Lempu Siri Suri Sei f]l Lalu lalu lalu lalu la!

Christian Morgenstern

Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer

Adress to the Tooth-Ach

Adress to the Tooth-Ach

My curse upon your venom'd stang,
That shoots my tortur'd gums alang,
An' thro' my lug gies mony a twang,
Wi' gnawing vengeance,
Tearing my nerves wi' bitter pang,
Like racking engines!

When fevers burn, or argues freezes,
Rheumatics gnaw, or colics squeezes,
Our neibor's sympathy can ease us,
Wi' pitying moan;
But thee-thou hell o' a' diseases-
Aye mocks our groan.

Adown my beard the slavers trickle
I throw the wee stools o'er the mickle,
While round the fire the giglets keckle,
To see me loup,
While, raving mad, I wish a heckle
Were in their doup!

In a' the numerous human dools,
Ill hairsts, daft bargains, cutty stools,
Or worthy frien's rak'd i' the mools, -
Sad sight to see!
The tricks o' knaves, or fash o'fools,
Thou bear'st the gree!

Where'er that place be priests ca' hell,
Where a' the tones o' misery yell,
An' ranked plagues their numbers tell,
In dreadfu' raw,
Thou, Toothache, surely bear'st the bell,
Amang them a'!

O thou grim, mischief-making chiel,
That gars the notes o' discord squeel,
Till daft mankind aft dance a reel
In gore, a shoe-thick,
Gie a' the faes o' Scotland's weal
A townmond's toothache! 

Robert Burns

Robert Burns (1759 – 1796), schottischer Dichter, Schriftsteller.

„The Poetical Works of Robert Burns“ by Alexander Smith. With Glossarial Index and Biographical Memoir. „The poetical works of Robert Burns, including the pieces published in his correspondence and reliques; with his songs and fragments“. by Robert Burns. London, 1822. New Pieces. Page 412 – 413

Zahnweh

Von allen Plagen auf der Welt

Zahnweh

Wie du mit giftgem Stachel fast
Die Kiefern mir zerrissen hast!
Mein Ohr durchdröhnet ohne Rast
     Dein Marterstich;
Du bist der Nerven Pein und Last:
     Fluch über dich!

  Stellt Fiebers Glut und Frost sich ein,
Zwickt Kolik, reißt's in Mark und Bein,
Mitleid und Trost wird uns verleihn
     Des Nachbar's Herz;
Du aber fügst zu Höllenpein
     Noch Spottes Schmerz!

  Mir träufelt Speichel über's Kinn;
Die Sessel schleudr' ich her und hin;
Um's Feuer tanzt mit lustgem Sinn
     Die kleine Brut,
Ein Schwarm von Hummeln -ach, ich bin 
     Wahnsinn und Wuth!

  Von allen Plagen auf der Welt,
Mißrathenen Ernten, wenig Geld,
Der Schurken Zunft, die Netze stellt
     Mit List und Fleiß,
Und dem, was Freud' uns sonst vergällt:
     Trägst du den Preis!

  Aus jenem Pfuhl, der Hölle heißt,
Wo der Verzweiflung Jammer kreißt,
Und jede Furie Satan preis't,
     Zahnweh, fürwahr!
Bist du der größte Plagegeist
     Der ganzen Schaar.

  O Schwefelhaupt im Glutpalast,
Der du die Qual geboren hast,
Und willst, daß Nebel und Morast
     Auf heitrer Bahn weh';
Gieb Jedem, der Alt-Schottland haßt,
     Ein Jahr lang Zahnweh!

Robert Burns

Robert Burns (1759 – 1796), schottischer Dichter, Schriftsteller.

aus: Robert Burns‘ Gedichte, übersetzt vom schottischen ins deutsche von. Wilhelm Gerhard. Mit des Dichters Leben und erläuternden Bemerkungen. Gedichte, Lieder und Balladen. Seite 32 – 33

Humor ist keine Gabe

eine Gabe des Herzens

Humor ist keine Gabe des Geistes, er ist eine Gabe des Herzens, er ist die Tugend selbst, wie ein reichbegabtes Herz sie lehrend übt, weil es sie nicht übend lehren darf.

Ludwig Börne

Ludwig Börne (1786 – 1827), deutscher Journalist, Literatur- und Theaterkritiker, Schriftsteller und Publizist.

Es sang eine Nachtigall

weil sie dasselbe Jauchsen sang

Am Sachsenplatz: Es sang die Nachtigall

Es sang eine Nacht …
Ja, eine Nachtigall am Sachsenplatz.
Heute morgen,- Hast du in Berlin
das je gehört? – Sie sang, so schien
es mir, für mich, für Ringelnatz.

Und gab mir doch Verlegenheit,
weil sie dasselbe Jauchsen sang,
das allen Dichtern früherer Zeit
durchs Herz in ihre Verse klang.
In schöne Verse!

Nachtigalle
besuche bitte ab und zu
den Sachsenplatz:
dort wohne ich. – Ich weiß, dass du
nicht Verse suchst von Ringelnatz.

Und hatten doch die Schwärme recht,
die dich besange, gut und schlecht.

Joachim Ringelnatz

Hans Bötticher (1883 – 1934), deutscher Dichter, Schriftsteller, Maler. Pinko Meyer, Fritz Dörry und Gustav Hester, Gustav Dörrig, Fritz Bötticher