Ohne Liebe ist keine Freude

Zwei Herzen, die

Ohne Liebe ist keine Freude

 Kan die Welt auch wohl bestehen
ohn der Sonnen klahres Liecht?
kan man in der Nacht auch sehen /
wenn da Stern und Mond gebricht?
kan ein Schiffman auch wohl lachen
wenn sein Schiff begündt zu krachen?

 Eben wenig kan ich leben /
wenn mir meine Dorile /
nicht ihr klares Liecht wil geben;
Eben wenig ich besteh /
wenn sie nicht mein Schiff regieret /
und durch ihre Freundschafft führet.

 Springt ein Rehbock bey der Mutter /
mehr nicht / als er sonsten tuht?
hat ein Pferd bey vollem Futter /
auch nicht einen frischen Muht?
Also kan ich besser leben /
wenn ihr Liecht mir wird gegeben.

Zweyen Herzen / die sich lieben /
ist die allerhöchste Pein /
und das grösseste Betrüben /
wenn sie nicht zusammen sein /
weil sie sonsten nichts gedencken /
alß nur Arm in Arm zu schrenken.

 Wie die Ulmen üm den Reben
gleichsam als verliebt sich drehn:
Also wündsch ich auch / mein Leben /
bey dir umgefast zu stehn /
und dir etwas vor zusagen
von den süssen Liebes=Plagen.

Darüm wil ich mich bemühen
auff mein Fretow hinzuziehn /
und mein Leben selbst nicht fliehen /
weil ich sonst erstorben bin /
alß denn wird sie mich erfreuen /
und mir meinen Geist verneuen.

Darüm wil ich gerne lassen
der Tollense Liebligkeit /
wil mein Leben selbst nicht hassen /
weil es nuhr erlaubt die Zeit;
weg mit disen schlechten Auen /
ich wil bald mein Fretow schauen.

Sibylle Schwarz

Sibylla Schwartz (1621-1638), deutsche Dichterin

Der Frühling

Der Winters Hülle deckte

Der Frühling

Des Winters Hülle deckte
nicht mehr die öde Flur;
der Hauch des Lenzes weckte
die schlafende Natur.
Es wurden schon die Schatten,
es duftete der Pfad,
den Flora mit dem Gatten
jüngst, Hand in Hand, betrat.

Blauäugige Amoene,
ertönete mein Lied;
verändert ist die Szene,
der rauhe Winter flieht,
kein Nordwind drohet weiter
der zarten Haut Gefahr,
ein West, wie du so heiter,
spielt um dein blondes Haar.

Des Frühlings erste Blume,
komm, suche sie mit mir!
Zu Venus' Heiligtume
bring' ich sie dann mit dir,
dass sie das Denkmal kränze
des Dichters, dessen Lied
unsterblich, gleich dem Lenze,
dem er es weihte, blüht.

Dann schleichen wir zur Laube
bei meiner Flöte Schall;
dort girrt die Turteltaube,
dort ächzt die Nachtigall.
Dort wollen wir im Kühlen,
des Neides Aug' entrückt,
die Macht des Gottes fühlen,
der alles neu beglückt.

Sie teilte das Verlangen,
das meine Brust empfand;
es glüht' auf ihren Wangen,
es schlug in ihrer Hand.
Doch schnell benetzten Zähren
den unruhvollen Blick;
mit jungfräulichem Wehren
zog sie die Hand zurück.

Du weigerst dich, Amoene?
Ist's Misstrau'n? Ist es Scherz?
O trockne diese Träne,
du kennest Damons Herz!
Auch in verschwieg'nen Lauben
ist's, wie die Quelle, rein
und ohne Falsch, wie Tauben,
und ganz, Amoene, dein!

Friedrich Wilhelm Gotter

Friedrich Wilhelm Gotter (1746-1797)deutscher Schriftsteller, Dichter

Dem Gesandten der hohen Pforte, Asmi Achmet Effendi

In Stambul, in Berlin, am schwarzen Meer, am Belt

Dem Gesandten der hohen Pforte,
Asmi Achmet Effendi,
zum Andenken gewidmet*

In Stambul, in Berlin, am schwarzen Meer, am Belt,
Scheint Eine Sonne nur am hohen Firmament,
Und herrscht Ein Schöpfer nur. Ob ihr ihn Allah nennt,
Wir Gott; ob ihr für göttlich jene Schrift erkennt,

Wir diese, gilt ihm gleich, wenn jeder die nur hält,

Die er uns selbst ins Herz geschrieben:
Die Menschen alle brüderlich zu lieben.

Susanne von Bandemer

Susanne von Bandemer, geborene Susanne von Frencklin (1751-1828), deutsche Schriftstellerin, Dichterin

* Der erste noch unverbesserte Entwurf dieses Gedichtes, ward von einem meiner verehrungswürdigsten Freunde ins Türkische übersetzt, und von mir so getreu nachgeschrieben, daß es der Herr Gesandte in seiner eigenen Sprache lesen konnte. Ich füge hier die türkische Übersetzung, die buchstäblich getreu ist, bey, nebst meinem ersten Entwurfe.

„In Stambul, und am Spreegestade
Scheint Eine Sonne nur am hohen Firmament,
Und herrscht Ein Schöpfer nur. Ob ihr ihn Allah nennt,
Wir Gott, gilt gleich. Der Weise kömmt auf gleichem Pfade

Vor seinen Thron. Er hält, was ihm ins Herz geschrieben.

Die Menschen alle brüderlich zu lieben.“

Der Frühlingsmorgen

Die holde Frühlingssonne

Der Frühlingsmorgen

Der erste Frühlingsmorgen
Erwachet über mir,
Und findet mich in Sorgen,
Und sieht mich fern von dir.

Sonst fand er mich in Freuden
An deiner trauten Hand,
Mir waren Trennungsleiden
Und Gram noch unbekannt.

Nun treibt mich banges Sehnen
Auf Wiese, Feld und Au:
Dort mischen meine Thränen
Sich mit dem Morgenthau.

Obschon zu künft'gen Früchten
Die Erde Blüthen trägt,
Die Nachtigall Geschichten
Von treuer Liebe schlägt;

Die holde Frühlingssonne
Auf uns hernieder lacht,
Und jedes Herz zur Wonne
Und zum Gebeth erwacht:

Theil' ich doch nicht die Freuden,
Theil' ich die Andacht nicht,
Ich fühle nur die Leiden
Schwer drückendes Gewicht,

Nur, dass ich fern, o Trauter,
Von deinem süssen Kuss,
Der Erde Fest mit lauter
Wehklage feyern muss.

Gabriele Baumbeg

Gabriele Bacsányi (geborene von Baumberg (1785 – 1789), österreichische Dichterin, Schriftstellerin

Es war ein Traum

Der erste Traum des Herzens

Es war ein Traum

Es war ein Traum -
Und ach, wie war er sonnig,
Wie freudenvoll und wie bezaubernd schön,
Wie eines Frühlings erster Morgen:
Doch ach, zu reizend auch, um zu besteh'n.

Es war ein Traum
So duftig wie die Rose,
Die eben erst der Knospe sich entwand,
So spiegelnd lockend wie der Regenbogen, -
Doch rasch, wie jener, der entschwand.

Es war ein Traum,
Der erste Traum des Herzens -
Es war des jungen Herzens erster Mai;
Es war das Glück, das sich ihm schimmernd zeigte:
Und wie die Seifenblase sprang's entzwei.

Es war ein Traum! -
Hart war es, zu erwachen,
Er hatte zu viel Seligkeit gebracht.
So folgt wohl auf den ersten Tag im Lenze
Die eisig kalte Winternacht.

Es war ein Traum!
Jetzt ist er längst vergessen.
Daß einst ich träumt', ich weiß es kaum;
Zuweilen nur zuckst's schmerzlich durch die Seele:
Dann sag' ich leis: "Es war ein Traum." 

Ferdinande Brackel

Ferdinande Maria Theresia Freiin von Brackel (1835-1905), deutsche Schriftstellerin, Dichterin. Pseudonym: E. Rudorf


Zugvögel

Das Vöglein in blauer Luft / Zugvögel

Vöglein in blauer Luft,
Hab' dich so gerne,
Schwebst über Meer und Kluft
Sanft wie die Sterne,
Hin, wo der Frühling blüht,
Trägst du dein schwellend Lied --
Grüß' mir die Ferne!

Wenn sich dein Flügel spannt 
Seligem Triebe, 
Fühlt sich das Herz verbannt, 
Wo ich auch bliebe -- 
Vöglein vergiß mir nicht, 
Was meine Sehnsucht spricht: 
Grüß' mir die Liebe!

Fliegst in die Welt hinein, 
Hörst nicht mein Flehen? 
Willst nicht mein Bote sein? 
Kannst nicht verstehen, 
Ob ich gelacht, geweint? 
Nun denn, Ade mein Freund, 
Laß mich vergehen!

Und eine andre Schaar 
Regt das Gefieder -- 
Ewig mir treu und wahr 
Bleiben die Lieder! 
Tragen den Gruß in's All,
Bringen des Himmels Schall 
Göttlich mir wieder!

Karoline Fidler

Karoline von Fidler (1801-1874), deutsche Dichterin. andere Namen: Karoline Winkler, Karoline Charlotte Schultz


Herbst

Gelbe Vögel fliegen durch die Luft

Herbst

Gelbe Vögel fliegen durch die Luft,
Wirbeln nieder zu der Erde Feuchte, 
in bewegter, laubdurchstäubter Duft
Füllt der Bäume herbstliches Geleuchte.

Mit gelösten Fingern greift der Wind
Durch der Zweige flatterfrohe Saiten,
Weit, auf dunklen Rossen, pfeilgeschwind
Seh ich rote Wolkenfrauen reiten.

Vor des Herrschers Tigerfleckenheer
Nahen kühn des Nordens Nebelriesen,
Jauchzen dröhnt und Jubel schwingt umher.
Seine Fülle faßt nicht Wald noch Wiesen.

Singe, Herz, und töne hell hinein In des Königs reifestarkes Jagen, Wann der Stürme Fiedeln und Schalmein
Toll umsausen seinen Krönungswagen.

Letzte Rosen ihm am Gürtel blühn.
Golden greift die Krone nach den Sternen,
Dionysisch wallt im Purpurglühn 
Sein Bacchantenzug in trunkne Fernen.

Maria Stona

Maria Stona, geborene Maria Scholz (1861 – 1944), Dichter, Schriftstellerin, Sallonieré. Pseudonyme: Maria Stonawski, Maria Stona

Um Mitternacht blühen die Blumen

Sie schweben und schwingen den Reigen

Um Mitternacht blühen die Blumen

Um Mitternacht blühen die Blumen
Im Strahl des Vollmonds auf,
Da steigen aus ihren Kelchen
Die lieblichsten Elfen herauf. 

Sie schweben und schwingen den Reigen 
Und neigen und dreh'n sich im Chor,
Und selig erwachen die Vögel 
Und schau'n aus den Zweigen hervor.

Ein Rauschen wie Frühlingsgeflüster
Geht leise von Baum zu Baum,
Und treue, liebende Herzen 
Träumen den schönsten Traum.

Maria Stona

Maria Stona, geborene Maria Scholz (1861 – 1944), Dichter, Schriftstellerin, Sallonieré. Pseudonyme: Maria Stonawski, Maria Stona

Liebe

Was ist die seligste Wonne auf Erde?

Liebe

Was ist die seligste Wonne auf Erde?
Zu lieben und wieder geliebt zu werden.
Was läßt das Herz sich gar tief betrüben?
Zu lieben und nimmer geliebt zu sein;
Doch das ist die größte, die schwerste Pein:
Geliebt zu werden und nicht zu lieben.

Minna Kleeberg

Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin

Heilig Geliebter du!

Wohl brandet an der Seele Port

Heilig Geliebter du!

Es thront ein Bild im Heil'genschrein
Und schirmt des Hauses Ruh',
So thronst du tief im Herzen mein,
Heilig Geliebter du!

Wohl brandet an der Seele Port
Versuchung sonder Ruh',
Du schirmst mich treu, mein Schutz und Hort,
Heilig Geliebter du!

Und in die bange Seele kehrt
Auf's Neue Glück und Ruh',
So bin ich dein und deiner werth,
Heilig Geliebter du! 

Minna Kleeberg

Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin