An die Freude

Aber Liebesfäden festgebannt

An die Freude

Wieder einmal ausgeflogen,
Wieder einmal heimgekehrt;
Fand ich doch die alten Freunde
Und die Herzen unversehrt.

Wird uns wieder wohl vereinen
Frischer Ost und frischer West?
Auch die losesten der Vögel
Tragen allgemach zu Nest.

Immer schwerer wird das Päckchen,
Kaum noch trägt es sich allein;
Und in immer engre Fesseln
Schlinget uns die Heimat ein.

Und an seines Hauses Schwelle
Wird ein jeder festgebannt;
Aber Liebesfäden spinnen
Heimlich sich von Land zu Land.

Theodor Storm

Hans Theodor Woldsen Storm (1817 – 1888), deutscher Jurist, Dichter und Novellist

Das ist die wahre Freude am Leben

Es ist eine Art prächtige Fackel

This is the true joy in life: Being used for a purpose recognized by yourself as a mighty one, being a force of nature instead of a feverish, selfish little clod of ailments and grievances, complaining that the world will not devote itself to making you happy. I am of the opinion that my life belongs to the whole community and as long as I live, it is my privilege to do for it what I can. It is a sort of splendid torch which I have got hold of for the moment and I want to make it burn as brightly as possible before handing it on to future generations.

Das ist die wahre Freude am Leben: Für einen Zweck gebraucht zu werden, den man selbst als mächtig erkannt hat, eine Naturgewalt zu sein und nicht ein fiebriges, egoistisches Häufchen Elend, das sich darüber beklagt, dass die Welt sich nicht dafür einsetzt, einen glücklich zu machen. Ich bin der Meinung, dass mein Leben der ganzen Gemeinschaft gehört, und solange ich lebe, ist es mein Privileg, für sie zu tun, was ich kann. Es ist eine Art prächtige Fackel, die ich für den Moment in der Hand habe, und ich möchte sie so hell wie möglich brennen lassen, bevor ich sie an die nächsten Generationen weitergebe.

Bernard Shaw

George Bernard Shaw (1856 – 1950), irischer Dramatiker, Polemiker, Satiriker, politischer Aktivist, Pazifist. Nobelpreis für Literatur 1925.

Heiterkeit oder Freudigkeit

ist der Himmel

Heiterkeit oder Freudigkeit ist der Himmel, unter dem alles gedeihet, Gift ausgenommen.

Jean Paul

Johann Paul Friedrich Richter (1763 – 1825), deutscher Schriftsteller, Publizist, Pädagoge, Dichter

Denk, all‘ Dein Hoffen

Der Freude Garten böte DIr so viel

Denk, all‘ Dein Hoffen fände auch ein Ziel,
Der Freude Garten böte Dir so viel,
Daß du in seinem Grün, dich selig dünkst-
Doch wenn der Morgen, graut, ist aus das Spiel!

Omar Chayyām

Omar Chayyām (1048 – 1131), persischer Dichter, Astrologe, Astronom, Mathematiker, Philosoph, Kalenderreformer

Wo das Herz traurig ist

wird die Freude keine Trösterin

Wo das Herz traurig ist, wird die Freude keine Trösterin.

Fanny Tarnow

Franziska Christiane Johanna Friederike Tarnow (1779 – 1862), deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin. Pseudonyme Fanny, F.T.

Sie ist mir fern, wie soll ich Freude finden!

Ich kann den Kummer nur mein Leben weihn

Sie ist mir fern, wie soll ich Freude finden!

Sie ist mir fern, wie soll ich Freude finden!
Ich kann dem Kummer nur mein Leben weihn.
Wie um den Baum sich üppig Ranken winden,
Die Nahrung raubend seiner Krone dräun,
So, fern von dir, mich Sorg und Unmut binden,
Daß keine Erdenlust mich kann erfreun.
Fragt nicht, warum mein Sinn so rastlos eilt;
Für mich ist nirgends Ruh, als wo sie weilt

Dorothea Schlegel

Dorothea Friederike Schlegel (1764 – 1839), deutsche Schriftstellerin, Literaturkritikerin

Beide

Der hat nie das Glück empfunden

Beide

Der hat nie das Glück empfunden,
Dem des Lebens gleiche Stunden
Ewig in der Freude Weh´n
Ohne Schmerz vorübergeh´n.

Aber wem nach langen Qualen
Mit der Liebe Frühlingsstrahlen
Grüßend winkt der Freude Blick:
Der allein versteht das Glück. 

Carl Theodor Körner 

Carl Theodor Körner (1791-1813) deutscher Freiheitskämpfer, Schriftsteller, Burgtheaterdichter in Wien, Verfasser patriotischer Lieder

Freuden

Wie viele Freuden werden zertreten

Wie viele Freuden werden zertreten, weil die Menschen meist nur in die Höhe gucken, und was zu ihren Füßen liegt, nicht achten.

Catharina Elisabeth Goethe

Catharina Elisabeth Goethe (1731 – 1808), Mutter von Johann Wolfgang von Goethe

Ich freue jeden Tag

Ich freue mich durch des Jahres

Ich freue mich jeden Tag

Ich freue mich jeden Tag dem Abend mich entgegen,
Und jede Nacht im Traum mich auf den Morgensegen.

Ich freue still mich mit unungestürmter Lust,
Nicht ungeduldig ist die Freud' in meiner Brust.

Ich freu' mich auf die Stund' und auf den Augenblick,
Auf groß und kleines, mein und anderer Geschick.

Vom Herbst den Winter durch freu' ich dem Lenz mich zu,
Und aus dem Sommer durch den Herbst zur Winterruh.

Ich freu' mich durch des Jahres und durch des Lebens Zeit,
Und aus der Zeit hinaus mich in die Ewigkeit.

Friedrich Rückert

Der Schmetterling

Er schwingt sich auf, ihn trägt die Luft

Der Schmetterling

Ein Jugendbild

Ein Räuplein saß auf kleinem Blatt,
Es saß nicht hoch, doch aß es satt
Und war auch wohl geborgen;
Da ward das kleine Raupending
Zum Schmetterling,
An einem schönen Morgen
Zum bunten Schmetterling.

Der Schmetterling blickt um sich her,
Es wogt um ihn ein goldnes Meer
Von Farben und von Düften;
Er regt entzückt die Flügelein:
Muß bei euch sein,
Ihr Blumen auf den Triften,
Muß ewig bei euch sein!

Er schwingt sich auf, ihn trägt die Luft
So leicht empor, er schwelgt in Duft,
O Freude, Freude, Freude!
Da saust ein scharfer Wind vorbei,
Reißt ihm entzwei
Die Flügel alle beide.
Der Wind reißt sie entzwei.

Er taumelt, ach! so matt, so matt,
Zurück nun auf das kleine Blatt,
Das ihn ernährt als Raupe.
O weh, o weh, du armes Ding!
Ein Schmetterling,
Der nährt sich nicht vom Laube –
Du armer Schmetterling!

Ihm ist das Blatt jetzt eine Gruft,
Ihn letzt nur Blumensaft und Duft,
Die kann er nicht erlangen,
Und eh’ noch kommt das Abendrot,
Sieht man ihn tot
An seinem Blättlein hangen,
Ach kalt, erstarrt und tot!

Friedrich Hebbel

Christian Friedrich Hebbel (1813 – 1863), deutscher Dichter, Dramatiker