Maler und Tierfreund

Ich hatte eine Landschaft in Öl gemalt

Maler und Tierfreund

Ich hatte eine Landschaft in Öl gemalt,
Und sie gefiel mir sehr:
Ein blauer Himmel, aus dem die Sonne wie Wonne strahlt,
Und darunter weites, ruhiges, grünes Meer.

„Einsame Sehnsucht.“


Danach fuhr ich irgendwo hin,
Um einen kleinen Affen zu erwerben,
weil ich ein Tierfreund bin.
Aber was einem die Tiere nicht alles verderben.


Wieder zu Haus, stieß ich aus einen Schrei,

Denn mein Bild war verhext.
Erstens hatte mein Papagei
Etwas Groteskes ins Meer gekleckst
Und das geradezu künstlerisch kühn.

Aber das Wasser selber war abgeleckt

Von meinem Wolfshund. Der lag vom Schweinfurter Grün
Vergifet am Boden, verreckt.

In den Himmel hatte sich eine Fliege geklebt,
Und zwar mir dem Rücken.

Die strampelte, wie man, wenn man Großes erlebt,

Mit den Beinen strampelt vor lauter Entzücken.

Und offenbar nicht minder beglückt

In ihrer Nähe
Hing auch mein Laubfrosch ans Bild angedrückt

Und tat so, als ob er die Fliege nicht sähe.

Da wollte mein Affe mit lautem Geschrei – – –
Doch ich band ihn fest. Und lächelte dann.
Wie gut, daß man bei der Ölmalerei
Alles noch übermalen kann.


Mit Phantasie das Gegebne fixiert –

Genie und Farbe und Lichter dick aufgetragen –
Schwarz, Weiß, Rot, Ocker mutig darübergeschmiert – – –
Ein schönes Bild, muß ich selber sagen,
„Mein Selbstporträt.“ 

Joachim Ringelnatz

Hans Bötticher (1883 – 1934), deutscher Dichter, Schriftsteller, Maler. Pinko Meyer, Fritz Dörry und Gustav Hester, Gustav Dörrig, Fritz Bötticher

Wiegenlied

Magst du aus dem Schlummernachen

Wiegenlied

Frei noch von des Lebens Schmerzen,
Unter Kinderspiel und Scherzen,
An dem treuen Mutterherzen
Schläfst du ruhig ein.
Und nun liegst du in der WIege,
Und ich wehre jeder Fliege;
Ach, wie heiter deine Züge
Und wie engelrein!

Magst du aus dem Schlummernachen,
Spät nach fröhlichem Erwachen,
Deiner Welt entgegen lachen!
Liebchen, rühr' dich nicht!
Mögen nie des Lebens Qualen,
Nur der Freude helle Strahlen
Sich in deinen Augen malen,
Süß, wie Morgenlicht.

Noch war deine Welt nicht trübe; -
Daß sie ewig klar dir biebe! -
Noch ist deiner Mutter Liebe
All' dein Paradies.

Noch wird in der Brust Bewegen
Sich sein finst'res Traumbild regen.
Schlumm're sanft und süß.

Carl Theodor Körner

Carl Theodor Körner (1791-1813) deutscher Freiheitskämpfer, Schriftsteller, Burgtheaterdichter in Wien, Verfasser patriotischer Lieder