Doch Liebe, einfach Liebe

ist sie nicht schön und des Nehmens wert

DOCH Liebe, einfach Liebe, ist sie nicht
schön und des Nehmens wert? Es strahlt die Flamme,

Ob Tempel brennen oder Werg. Es bricht
Licht aus dem Abfall und dem Zedernstamme.

Liebe ist Feuer. Und: Ich liebe dich -
- gib acht -: ich liebe dich - wenn ich das sage,
steh ich verwandelt nicht mit einem Schlage
verklärt vor dir? Ich fühle selbst, wie ich

anscheine dein Gesicht. Wo Liebe je
sich niedrig macht, kann sie nicht niedrig werden:
Gott nimmt Geringe an, die sich gebärden

so wie sie sind. Das, was ich fühle, blendet
über dem Dunkeln, das ich bin: ich seh,
wie Liebe wirkend die Natur vollendet.

Elizabeth Barrett-Browning

Elizabeth Barrett-Browning, geborene Elizabeth Barrett Moulton-Barrett (1806 – 1861), englische Dichterin, Schriftstellerin

Flamme

Was sträubst du dich der süßen Glut

Flamme

Was sträubst du dich der süßen Glut,
die züngelnd schon dein Haupt versengt,
die liebeheißen Atems dich
mit Flammenarmen eng umdrängt?!

Die Glut bin ich - und du bist mein!
wirf ab, wirf ab das Alltagskleid:
gib deine ganze Seele hin
in ihrer nackten Herrlichkeit!

Umschlingen will ich glühend dich
und pressen dich ans heiße Herz,
die Kette schmelzen, die dich band,
in meinem Kuß wie tropfend Erz!

Und flüstern will ich dir ins Ohr
ein Wörtlein, zaub'risch wunderfein,
daß du nichts andres denken sollst,
als mich allein, als mich allein . . . 

Clara Müller-Jahnke

Clara Müller-Jahnke, geborene Müller (1860 – 1905, deutsche Dichterin, Journalistin, Frauenrechtlerin

Si e no

JO was Flammen kriegt ich da

VIII.

Si e no.

Ist es dir noch wol gedacht/
O du weist es sondern Zweiffel/
Isabella falscher Teuffel/
Was du hast für Wort gemacht/
Als ich fragte: bist du mein?
Soll ich dein Geliebter seyn?

2.
Ja/ sprach dein verlogner Mund/
Ja sprach dein verfälschtes Hertze/
Es befahl mich aller Schmertze/
Ja ich wil nicht mehr gesund/
Ja ich wil nicht ehrlich seyn/
Bin ich/ Celadon/ nicht dein.

3.
O was Flammen kriegt ich da/
Wasser/ Wasser/ Eyer/ Eyer!
Was war ich voll Liebes Feuer
Uber diß vermumte Ja.
Troja brennte nicht so sehr
Meine Liebe noch viel mehr.

4.
Aber wie ist nun mein Hertz/
Nun du Nein/ ich wil nicht/ sagest/
Nu du nach Hans (van) Tasten fragest?
Wie ein ausgeleschte Kertz
Es kan mier nichts kühlers seyn
Als dein freygesprochen Nein.

5.
Soll ich darumb traurig seyn/
Daß du mier dein Ja verkehrest
Und mich nicht wie vormahls hörest:
Nein/ du bist ja nicht allein/
Deines gleichen sind so viel
Als ein Landsknecht haben will.


Georg Greiflinger

Georg Greiflinger (1620 – 1677), deutscher Dichter, Zeitchronist, Zeitungsredakteur. Pseudonym Celadon, Seladon.

Folgende Überlegung war es

die mich berührt hat wie seit langem nichts

Folgende Überlegung war es, die mich berührt hat wie seit langem nichts. Ich sagte mir: wenn man mit einer solchen Flamme in der Brust vor der Menschenwelt steht, wie kann es sein, was muß da geschehen sein, daß die Flamme nicht leuchtet, daß nicht alles in blendender Helligkeit vor ihr liegt.

Jakob Wassermann

Jakob Wassermann (1873 – 1934), deutscher Schriftsteller