Fern ist der Mond der Heimat

Aus dem dunklen Meere wächst der Mond herauf

Aus dem dunklen Meere wächst der Mond herauf,
in einem fernen, entfernten Land blüht er jetzt auch auf.
Die Liebe trauert ihren vergeblichen Traum, die Liebe trauert ihren Traum,
sie wartet, auf den entfernten Abend.

Klarer scheint jetzt der Mond in meinen Kummer.
Ich ziehe das Nachtgewand an, kühl ist der Reif.
Hände, meine Hände, wie leer seid ihr, 
das alles auszusprechen! -

Du Schlaf, gib mir einen Traum, du Schlaf, einen Traum gib mir 
über die Rückkehr nach Hause, über die Rückkehr heim, heim.
Schlaf, den Traum kannst du mir nicht geben --
weil meine Sehnsucht mich ununterbrochen weckt.

Chang Chiu-Ling

Chang Chiu-Ling (673 – 740), chinesischer Dichter, Politiker. Auch Zhang Jiuling; Chang Tiou-Lin; Dschang Giu Ling; Tchan-Tiou-Lind.

Ihr lieben kleinen Sterne

Warum bleibt ihr so ferne

Ihr lieben kleinen Sterne

Ihr lieben kleinen Sterne, 
Warum bleibt ihr so ferne? 
Ich hab' euch doch so gerne. 

Lieb' Kind, wir halten Wacht 
In mancher schönen Nacht. 

Die Sterne mir gefielen 
Ich möcht' mit ihnen spielen, 
Sie streicheln, sie befühlen. 

Lieb' Kind, wir halten Wacht, 
Wir geben auf dich Acht. 

Ach, kommt zu mir herunter, 
Ihr schönen Gotteswunder!  
Ich bin doch wach und munter. 

Lieb' Kind, wir halten Wacht, 
Jetzt schlafe  --  gute Nacht! 

Ludovica des Bordes

Maria Ludovica Katharina Freifrau von des Bordes, geborene Brentano (1787 – 1854), deutsche Dichterin, Schriftstellerin, Kinderliederschreiberin

Das Lied ‚Ihr lieben kleinen Sterne‘ wurde mehrmals vertont.

Mein Falke

O Sehnsucht, wilder Falke mein

Mein Falke

O Sehnsucht, wilder Falke mein,
Willst du auch müde werden?
Dess' Heimat hoch im Blauen war,
Behagt's dir nun auf Erden?

Wie oft hast du den jungen Sinn
Aus diesen grauen Tagen
Hoch über Sorge, Not und Leid
Getragen.

Bis mir das dunkle Tal entschwand
Im märchenweiter Ferne
Und um mein glühend Haupt sich bog
Das Diadem der Sterne.

Nun beugst auch du die stolze Stirn
Und läßt die Flügel hängen,
Nun hat auch dich die Sorgenfrau
Gefangen.

Brich deine Fesseln, Wanderfalk,
Und hebe dein Gefieder -
Siehst du die Sterne droben glühn,
Hörst du die süßen Lieder?

Es ist die Heimat, die uns ruft,
Sie lockt mit Lust und Wonne,
Steig auf mit hellem Jubelschrei
Zur Sonne!

Anna Ritter

Anna Ritter, geborene Nuhn (1865-1921), deutsche Schriftstellerin, Dichterin

Bildnis:Anna Ritter (1865-1921)

An die Sterne

Ungetrübten Silbersterne

An die Sterne

Zu dem Schimmer,
Zu dem Flimmer
Jener wundervollen Sterne,
Muß ich blicken,
Muß ich schicken
Gruß und Seufzer in die Ferne! -
Aus dem Tale
Zu dem Strahle
Blick' ich still und klagend hin;
Denn in Sehnen,
Denn in Tränen
Hängt an euch mein ganzer Sinn!

O ihr klaren,
Ewig wahren,
Ungetrübten Silbersterne!
Eurer Winken,
Eurer Blinken
Gleicht der Liebe in der Ferne,
Strahlt wie Ahnung,
Strahlt wie Mahnung
An des Sternes Zaubernacht,
Dessen Schimmer
Nimmer, nimmer
Dieser Erbe mehr erwacht!

Louise von Ploennies

Louise von Ploennies, geborene Leisler (1803-1872), deutsche Schriftstellerin, Dichterin

Zugvögel

Das Vöglein in blauer Luft / Zugvögel

Vöglein in blauer Luft,
Hab' dich so gerne,
Schwebst über Meer und Kluft
Sanft wie die Sterne,
Hin, wo der Frühling blüht,
Trägst du dein schwellend Lied --
Grüß' mir die Ferne!

Wenn sich dein Flügel spannt 
Seligem Triebe, 
Fühlt sich das Herz verbannt, 
Wo ich auch bliebe -- 
Vöglein vergiß mir nicht, 
Was meine Sehnsucht spricht: 
Grüß' mir die Liebe!

Fliegst in die Welt hinein, 
Hörst nicht mein Flehen? 
Willst nicht mein Bote sein? 
Kannst nicht verstehen, 
Ob ich gelacht, geweint? 
Nun denn, Ade mein Freund, 
Laß mich vergehen!

Und eine andre Schaar 
Regt das Gefieder -- 
Ewig mir treu und wahr 
Bleiben die Lieder! 
Tragen den Gruß in's All,
Bringen des Himmels Schall 
Göttlich mir wieder!

Karoline Fidler

Karoline von Fidler (1801-1874), deutsche Dichterin. andere Namen: Karoline Winkler, Karoline Charlotte Schultz