Francisa

Denn gleich wie die Knospe der Blume

 Francisca

Francisca, mein reizender Falter,
Hätt'st du nicht zu eng für dein Alter
Den keimenden Busen geschnürt,
Dann klafften wohl nicht die Gewänder,
Sobald ich nur eben die Bänder
Mit harmlosem Finger berührt.

Nun wehr auch nicht meinem Entzücken,
Als Erster die Küsse zu pflücken
Der zarten, jungfräulichen Haut.
Mich blendet die schneeige Weiße,
Solang' ich das Fleisch nicht, das heiße,
Mit bebenden Lippen betaut.

Denn gleich wie die Knospe der Blume
Nichts ahnt von der Pracht und dem Ruhme
Der Rose am üppigen Strauch,
So seh' ich bescheiden erst schwellen
Die keuschen, die kindlichen Wellen,
Umweht von berauschendem Hauch.

O glaub mir, die Monde entfliehen,
Die Rosen verwelken, verblühen
Und fallen dem Winter zum Raub.
Es kommen und gehen die Jahre,
Man legt deinen Leib auf die Bahre
Und alles wird Moder und Staub.

Frank Wedekind

Benjamin Franklin Wedekind (1864 – 1918), deutscher Dichter, Dramatiker, Schauspieler

Die Falter

Der Lüfte blauen Weg

Der Falter

Schneeweiße Falter fliegen
In Schatten übers Meer:
Ihr schönen weißen Falter.
Wann nehmen meine Reisen
Der Lüfte blauen Weg!

Weißt du, der Schönen Schöne
Mit Augen kohlenschwarz,
Sag, meine Bajadere,
Falls sie mir Flügel liehen.
Wei´ßt du, wohin ich flieg?

Den Kuß der Rosen schmähend
Flög, ich durch Tal und Wald
Zu halbgeschloß'nen Lippen
Dir, meiner Seele Blume.
UNd stürbe daran bald.

Théophile Gaurier

Théophile Gautier (1811 – 1872), französischer Erzähler, Lyriker und Kritiker