Der Schmetterling

Dies Wunder der Natur entging

Der Schmetterling
auf einem Vergißmeinnichtchen

Ein Blümchen, das sich zwar nicht mehr
Für unsre Lage schickt,
Hab' ich doch, Freund, von Ungefähr
Für dich jüngst abgepflückt.

Denn wiss', als ich es pflückte, hing
Ein Schmetterling daran.
Ich sah, dass auch ein Schmetterling
Dies Blümchen lieben kann.

Dies Wunder der Natur entging
Dann meinem Blicke nicht:
Drum schick' ich dir den Schmetterling
Und das Vergißmeinnicht.

Gabriele Baumberg

Gabriele Bacsányi (geborene von Baumberg (1785 – 1789), österreichische Dichterin, Schriftstellerin

Wenn der Jasmin vor meinem Fenster blüht

wenn Stille herrscht, blutrot der Vollmond glüht

Wenn der Jasmin ...

Wenn der Jasmin ……

Wenn der Jasmin vor meinem Fenster blüht,
wenn Stille herrscht, blutrot der Vollmond glüht,
dann kommt die Sehnsucht mit der Mitternacht,
wo alles schläft – nur mein Verlangen wacht,
es bläst mit Feueratem zu mir her
und fordert Liebe! … Liebe? Noch viel mehr!
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Die Nacht vergeht mit müdem, schweren Schritt.
O nähm sie mich ins ewge Dunkel mit!
Der Morgen naht in fahlem Nebelgrau,
einsam, verzweifelt lieg ich arme Frau
und späh mit heißen Blicken rings umher
nach Liebe – doch mein Pfühl bleibt liebeleer.

 Else Galen-Gube

Elisabeth Galen-Gube, geborene Galen(1869-1922), deutsche Schriftstellerin, Dichterin. Pseudonym: Else Galen-Gube

Morgengedanke

Mein ruhig Herz und dieser stille Friede,

Morgengedanke 1761

Der Morgen dreht sein heitres Angesichte
Uns lächelnd zu, und weckt mit sanftem Lichte
Die Creaturen an den Tag hervor!
Der Sperling schwazt, die muntern Hähne krähen
Den Lobgesang, und aller Augen sehen,
Zu Gott, der sie ernährt, empor.

Auch ich bin wach, und meinem ersten Blicke
Befehl ich, daß er Dank zum Himmel schicke
Für diese Ruh, für diese sanfte Nacht!
Es ist ein Gott, der diese Welt regieret,
Der aus dem Staub mich wunderbar geführet,
Und der mir Freud und Freunde macht!

Es ist ein Gott! er sah oft meine Zähren,
Und hörte Kinder Brod von mir begehren,
Wann lange schon die Mittags-Sonne schien.
Sie sind dahin, die Tage meiner Plagen,
Und daß nach Brod nicht meine Sorgen fragen;
Dies will mein Gott, dies ist durch ihn

Mein ruhig Herz und dieser stille Friede,Der um mich herrscht, der keinen Tag mich müde
Von Arbeit, oder von Verdrusse, sieht;
Das sanfte Feur, das durch die Adern dringet,
Und dis Gefühl, das in mir denkt, und singet,
Das dank ich dem, der mich durch Güte zieht.

Ich heische nicht aus seinen vollen Händen
Ein grösser Glück. Nicht Reichthum soll er senden,
Nicht eiteln Ruhm und was ins Auge fällt.
Mein Mittelstand, der Rock, der reinlich kleidet,
Ein gnugsam Brod, genossen unbeneidet,
Dies sey mein Theil und bleib es in der Welt.

Anna Luise Karsch.

Anna Luise Karsch, geborene Dürbach (1722 – 1791), deutsche Dichterin, Schriftstellerin

Worte und Blicke

Worte sind Buchstabenschrift

Worte sind Buchstabenschrift der Seele,
doch die beredt’re kürzere Hieroglyph‘ ist
ihr der geistvolle Blicke.

Therese von Artner

Therese von Artner (1772 – 1829), ungarische-deutsche Schriftstellerin