Lebensfreude
Ketten der Lust und der Rosen
Und der grossen Taten
Lass uns ums Leben schlingen
Arm sind die Einen geboren
Und sterben arm: Im — Golde.
Und die andern erwachen
In eine satte Pfründe und verbringen
In ferner Todesfurcht ihre planlosen Tage,
Priester sprechen gegen Lohn ihre Klage
Über das Leben und seine Furchtbarkeit
Doch wir lachen!
— Wir, vom heissen Blut Der Götter und der SonnenWir wollen Ketten der Lust
Und der Rosen und grossen Taten
Ums Leben schlingen
Und alle Bronnen müssen getrunken sein !
— Alles muss Glutversunken sein !
Und kommt der Unerbittliche mit aller Pein,
Dann wird die Welt von uns
Schon leer gehoben sein. —
Denn Ewigkeit ist uns in jedem Augenblick:
— Weihe, weihe ihn und mach ihn gross ! —
Äonen sind dann Dein und ruhn
In einem Kuss — in einem Frauenschoss — !
In einer Tat, von Dir getan, erdacht,
In einem Lächeln, das dem Zagen
Den Traum der Güte in ein Grau gebracht.
Spät werden
Der fernsten Jahrhunderte Gebete
Nach uns zurückhallen
Und unsere Gräber sollen lichte Kränze überwehn
Dankes-Lieder werden unsern Staub umstammeln
Und dunkle Krähenpsalmodien überschallen . . .
Denn könnte einmal noch
Sich alles ins Gewesne sammeln
Wir würden selber lächelnd unter ihnen stehn.
Elsa Asenijeff
Elsa Maria Packeny (1867-1941), österreichische Dichterin, Schriftstellerin
aus: „Hohelied an den Ungenannten“, lyrischer Roman von Elsa Asenjijeff. Verlag: München bei Georg Müller, 1914. Seite 58 – 59
Freundschaft
Weil Tugend nicht, noch Geistesgabe
Den Eigensinn des Schicksals rührt,
Das uns den kurzen Weg zum Grabe
Durch Blumenflur und Wüste führt,
Weil alles hier den Wechsel fühlet,
Das Glück mit unsern Wünschen spielet,
Das beste Herz sich oft verirrt
Und seines Irrthums Opfer wird;
Soll ich mit finsterm Blick und träge,
Tief in mich selbst verhüllet, gehn;
Nicht Blumen pflücken, die am Wege
Sich düftend mir entgegen blähn?
Vorübereilend frostig grüßen
Den guten frommen Wandersmann;
Nicht freundschaftlich mich an ihn schließen,
Und, ach! so lang ich immer kann,
Das Glück, ein Mensch zu seyn, genießen?
Erfindungsreich zu ihrer Qual
Ist die Vernunft, die dieß befahl.
Zum Vorrecht ward sie uns gegeben;
Doch ach! indem wir uns durch sie
Vor allen Thieren stolz erheben,
Verbittern wir uns selbst das Leben
Und erndten Gram für unsre Müh.
Ein guter Gott hat nicht vergebens
Gestreuet Freuden ohne Zahl
Auf die bedornte Bahn des Lebens;
Er läßt von allen uns die Wahl.
Hier beut der Reichthum seine Schätze;
Dort zeigt der Ruhm uns goldne Plät,
Noch unerfüllt im Götterchor;
Auch steigt im lachenden Gefilde
Der Tempel Amors dort hervor;
Daß er sein rohes Herz zur Milde,
Zur Anmuth seine Sitten bilde,
Eilt flatternd ihm der Jüngling zu;
Ihn suchet lächelnd selbst der Weise,
Und sammlet hier, durch kurze Ruh,
Sich neue Kräfte zu der Reise.
Ruhm, Liebe, Reichthum weicht zurück!
Erhabne, sanfte Seelen finden,
Sich sehen, Sympathie empfinden,
In Einem heitern Augenblick
Auf Ewigkeiten sich verbinden;
Dieß ist der Menschheit erstes Glück,
Und dieses nur kann michentzünden!
Es ist so reizend, seinem Pfad
In Wüsten, die kein Fuß betrat,
Mit einein Freundenachzuspüren;
So reizend, mit geschlungner Hand,
An einer gähen Tiefe Rand,
Auf morschen Stegen sich zu führen;
Dem Dürstenden, aus hohler Hand,
Den ersten Labetrunk zu bringen;
Wenn Stürme gegen Stürme ringen
Und Wanderern Verderben dräun,
Mit ihm des Mantels Schutz zu theilen,
Und in dem schauervollsten Hain,
Wo Räuberlauern, Wölfe heulen,
Beym Mittagsstral, bey Mondenschein,
Durch Unschuld sicher zu verweilen;
Noch reizender, des Schöpfers Macht
Mit der Musik des Hains zu preisen;
In einerhohen Linde Nacht
Am Tische der Natur zu speisen;
Bey jedem müherfüllten Gang
Sich zu ermuntern mit Geschwätzen,
Und, unter freudigem Gesang,
An kühle Bäche sich zu setzen.
O Freundschaft, erstgebornes Kind
Des liebevollesten der Wesen,
Süß, wie die Träume vom Genesen
Dem hofnungslosen Kranken sind!
O, dieses Lebens Labyrinth,
Was wär’ es ohne dich? Verbreite
Dein mildes Licht auf meinen Schritt
Stolz auf dein göttliches Geleite,
Geh’ ich, wohin du führest, mit.
Als Knaben hast du mich getragen,
Als Jüngling warnend mich gelenkt;
Erbarmt hast du dich meiner Klagen,
Auf Wunden, die du mir geschlagen,
Mit neuen Freuden mich getränkt.
Dich will ich im Genuß verehren,
Dir will ich danken im Verlust;
Es stillen sich des Abschieds Zähren
An eines neuen Freundes Brust;
Oft, wenn das wunde Herz noch blutet,
Führt den Gefährten unvermuthet
Ein Umweg wiederauf uns zu;
Die frühe sich verloren hatten,
Begegnen sich im Abendschatten,
Und gehen Hand in Hand zur Ruh.
Ihr, meiner Wallfahrt erste Wonne,
Ihr Edlen, die mein Arm umschloß,
Als noch auf uns die Morgensonne
Ihr allbelebend Feuer goß,
Vergebens grüßet euch mein Seegen,
Vergebens wallt euch meine Brust,
Streckt sich, zur süßgewohnten Lust,
Mein Arm dem eurigen entgegen!
Ihr seyd zerstreut! Auf fernen Wegen
Muß ich, ein Spiel des Schicksals, gehn?
O! werd’ ich in den dunklen Gründen,
Durch die sich meine Schritte winden,
Nicht Einen von euch wiedersehn?
Friedrich Wilhelm Gotter
Friedrich Wilhelm Gotter (1746-1797)deutscher Schriftsteller, Dichter
aus: „Gedichte“ von Friedrich Wilhelm Gotter.Verlag: Carl Wilhelm Ettinger, Gotha, 1787. Seite 5 – 11
Welchen Augenblick aber muß man wählen? – Jeden und keinen auf eine bestimmte Weise.
Marquis de Mirabeau
Honoré Gabriel Riqueti, auch Riquetti, „Comte“ de Mirabeau (1749 – 1791), französischer Schriftsteller, Publizist Journalist, Diplomat, Figur der Revolution. Aufklärer
aus: „Briefwechsel zwischen dem Grafen von Mirabeau und dem Fürsten A. von Arenberg, Grafen von der Mark“ während der Jahre 1789, 1790 und 1791, enthaltend die Geschichte der geheimen Verbindung Mirabeau’s mit dem französischen Hofe nebst allen sich darauf beziehenden Aktenstücken. Nach der französischen Ausgabe des Herrn von Bacourt. ins deutsche bearbeitet: : J. Ph. Städtler. Verlag: France, History, Revolution 1789 – 1791, Brüssel, Seite 363