Man bot mir eine Blume an,
Wie sie der Mai noch nicht getragen:
Doch sagt' ich, daß ich eine schöne Rose hätt',
Und hab die süße Blume ausgeschlagen.
Ich ging, wo meine schöne Rose stand,
Sie zu pflegen Tag und Nacht:
Jedoch sie hat sich eifersüchtig abgewandt
Und mir nur Dornen dargebracht.
William Blake
William Blake (1757 – 1827), englischer Dichter, Maler, Naturmystiker, Grafiker
Die Rose
Ein Röschen, schön wie's je der Norden sah,
Ganz einsam wuchs an eines Gärtchen Rand.
Noch nie war eine süße Blume da.
Und schönre Gärten waren nie bekannt.
Die Mädchen tanzten um es Ringelreihn,
Und weise Dichter es im Lied besangen.
Die flinken Elfen nachts im Mondenschein
Begossen es und küßten's voll Verlangen.
Doch weh! Der Gärtner gab nicht mehr drauf acht:
Mädchen und Elfen kamen nimmer wieder:
Und Dürre hatte Raupen hergebracht.
Die ließen sich auf Zweig und Knospen nieder.
Gott schütz' den Stocke! Wenn Himmel HIif' nicht endet,
Der Gartens schönste Blume dann verendet.
William Browne
William Browne of Tavistock (1590 – 1643), englischer Dichter
Kom Liebste
Kom Liebste, laß uns Rosen brechen,
Weil sie noch voll und farbig sind!
Laß andre, was sie wollen, sprechen.
Die Flucht schleicht sich den Jahren ein.
Wir müssen unverwendet schauen,
wie uns dis alles folgen muß.
Die Jugend trägt sich durch die Auen
geschwind mit unvermerckten Fuß.
Das Haar, der Mund und diese Wangen
Vergehen oft in kurzer Zeit.
Der Augenlichter goldne Spangen
Sein für dem Tode nicht befreyt.
Die ädle Schönheit der Geberden
Die meiner Liebe Mutter ist.
Kann durch den Wind verwehet werden.
Komm, Liebste, weil du jung noch bist!
Wer sucht den Maien unser Tage,
Ist er bereit einmal vorbei?
Häuft sich des Windes Leid und Plage,
So sind wir aller liebe frey.
Wie sich ein Regenstrom behende
von Bergen in die Thäler geust:
So reissen wir uns selbst zum Ende
Das uns itzund schon eylen heist.
Sind wir in dürren Sand geleget
So werden wir und bleiben bleich.
Ein Stock der keine Zweige träget
Ist keiner frischen Myrte gleicht.
Drum laß uns lieben, wie es gehet,
Eh noch der Abendstern anbricht.
Wer in der Liebe nichts verstehet,
Der braucht der edlen Jugend nicht.
David Schirmer
David Schirmer (1623 – 1688), deutscher Dichter, Bibliothekar. Pseudonyme: Der Bestimmende, DiSander
aus: „Poetische Rosen-Gepüsche“ Von Ihm selbsten aufs fleißigste übersehen / mit einem gantz neuen Buche vermehret und in allem verbesserter heraus gegeben, Dresden. In Verlegung Andreas Löfflers Buchführers. Geduckt bey Melchor Bergen 1667. Seite 4 – 6)
An Helen
Ich sah dich einmal, einmal nur – vor Jahren.
Es war in einer Julinacht; vom klaren
Gestirnten Himmel, wo in sichrer Schwebe
Der volle Mond eilends die Bahn durchlief,
Fiel weich und schmeichlerisch ein Lichtgewebe
Auf einen Garten, der verzaubert schlief –,
Fiel weich und schmeichlerisch ein silbern lichter,
Duftiger Schleier und verhüllte tief
Die himmelan gehobenen Gesichter
Von vielen hundert Rosen, die in Farben
Jungfräulich reiner, ernster Schönheit blühten,
Die in dem Liebeslichte schämig glühten,
Zum Dank sich selber gaben – und so starben.
Ein weißes Kleid umschloß dich faltig weich –
Du standest sinnend, und den Rosen gleich
Erhobst du das Gesicht, doch ach, in Trauer!
War es nicht Schicksal, das mich an die Mauer
Des Gartens führte zu derselben Zeit?
Nicht Schicksal (dessen andrer Name Leid),
Das mir gebot, die Düfte einzusaugen
Der eingewiegten Rosen? Alles schlief,
Die ganze schnöde Welt – nichts regte sich.
Nur du und ich, o Gott, nur du und ich.
Ich sah nur dich, ich sah nur deine Augen,
Ich sah nur diese Sterne, dunkel, tief –
Und da auf einmal war mir's, als versänke
Der Garten; meinem Blick entschwanden
Die Schlangenwege und die Rasenbänke –
Im liebeheißen Arm der Lüfte fanden
Die Düfte ihren Tod – der Mond verblich;
Nichts atmete, nur wir, nur du und ich;
Nichts strahlte, nur das Licht in deinen Augen,
Nichts als die Seele deiner dunklen Augen.
Ich sah nur sie, nur sie allein, sie bannten
Den flüchtigen Fuß mir stundenlang und brannten
Sich wie zwei Flammen tief in meine Brust –
Oh, welche Märchen standen da geschrieben,
Ein Weh, wie tief, ein Stolz, wie machtbewußt,
Welch abgrundtiefe Fähigkeit zu lieben!
Doch endlich legte sich Diana drüben
Im Westen in ein Wolkenbett, und du –
Ein Geist – entglittst. Nur deine Augen blieben.
Sie schwanden nicht, sie strahlten immerzu.
Die leuchteten mir heim auf meinem schroffen,
Sternenlosen Pfad in jener Wundernacht.
Sie wichen nicht von mir (wie all mein Hoffen).
Sie wachen über mich mit Herrschermacht,
Sie sind mir Priester – ich ihr Untertan.
Ihr Amt ist zu erleuchten – meine Pflicht,
Erlöst zu werden durch ihr reines Licht,
Geweiht in ihrem heiligen Flammenlicht.
Sie füllen mir die Brust mit Schönheit an
Und sind die goldnen Sterne hoch im Äther,
Vor denen ich, ein demutvoller Beter,
In meiner Nächte schlummerlosem Düster
Andächtig kniee, während in der Nähe
Des Mittagsglanzes selbst ich sie noch sehe,
Zwei Venussterne – holde Sterngeschwister.
Edgar Allan Poe
Edgar Allan Poe (1809 – 1849) US-amerikanischer Schriftsteller, Dichter
Original in englisch erschienen in: „To Helen“ von Edgar Allan Poe in der März-Ausgabe 1836 des Southern Literary Messenger, Vol. 2, Nein. 4, Seite 238, gebundene Auflage, die die Ausgaben von Dezember 1835 bis November 1836 enthält. Richmond, Virginia.
aus: „Ausgewählte Gedicht“ von edgar Allan Poe. Übersetzt aus dem englischen ins deutsche von Hedwig Lachmann (1865 – 1918). Verlag: Verlag des Bibliographischen Bureaus, Berlin. Seite 21 – 23
Die Schönheit leuchtet mir
Die Schönheit leuchtet mir,
wie fernes Licht dem Wandrer
auf irrem Pfade.
Wolken der Schuld
wallen ums Haupt,
doch nimmer verhüllt
strahlet hindurch
jene Leuchte.
Otto Erich Hartleben
Otto Erich Hartleben (1864 – 1905), deutscher Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Dramatiker
aus: „Ausgewählte Werke“ von Otto Erich Hartleben. Verlag: Berlin, S. Fischer, 1911. Meine Verse. Seite 8
Frischer Windhauch
Frischer Windhauch strafft mir der Segel Seile,
läßt die Flut aufspritzen in hellen Kämmen,
hei! der sturmschnell eilende leichte Nachen
hebt sich und senkt sich.
An der Stirne kleben die feuchten Locken
und das Hirn durchbohren die Glutgedanken.
Wirr und rastlos flattert das Haar der Furie,
züngeln die Nattern! –
Daß ein Gott wär, dem ich mich beugen könnte!
Daß ein Gott wär, welcher mich strafen dürfte!
Jauchzend wollt ich, sühneberauscht und büßend,
tauchen ins Weltmeer!
Otto Erich Hartleben
Otto Erich Hartleben (1864 – 1905), deutscher Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Dramatiker
aus: „Ausgewählte Werke“ von Otto Erich Hartleben. Verlag: Berlin, S. Fischer, 1911. Meine Verse. IV. Seite 6
In stiller Sommerluft
Das grüne Gold der Blätter, das die Sonne malt –
ich seh es noch, wies dir vom weißen Kleide blitzt,
und fühle deine Hände noch auf meinem Haar . . .
Die wilden Blumen dufteten rings so stark und süß.
Was sprachst du doch? – Ich höre deine Stimme nicht,
vergebens sinn ich ihrem fernen Klange nach.
Ich bin allein – in meine offnen Hände fällt
das grüne Gold der Blätter, das die Sonne malt.
Otto Erich Hartleben
Otto Erich Hartleben (1864 – 1905), deutscher Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Dramatiker
aus: „Ausgewählte Werke“ von Otto Erich Hartleben. Verlag: Berlin, S. Fischer, 1911. Seite 205
drin stille Engel unsichtbar goldener Blumen warten
Die Geburt der Sterne
Weißt du} mein Lieb, wann jedesmal am Firmament ein Licht,
ein Stern entsteht? Du töricht Kind, nicht wahr, das weißt du nicht?
Ich muß es dir erzählen, komm, und lege traulich sacht
dein Köpfchen mir ans warme Herz – andämmern laß die Nacht.
Siehst du: der dunkle Himmel dort ist ein unendlicher Garten,
drin stille Engel unsichtbar goldener Blumen warten.
Und jedesmal, wann drunten hier zwei Seelen sich entzünden,
sich, zueinander heiß gebannt, in Glück und Glut verbünden,
dann pflanzen eine Blume sie dem tiefen Grunde ein
und segnen jede junge Lust mit jungem Sternenschein. –
O sieh: schon ist die heilige Nacht gemach herangetreten,
die Blumen leuchten ungezählt her von den ewigen Beeten,
und alle künden und zeugen nur von irdischer Menschen Liebe –
o daß auch unseres Glückes Stern ewig uns leuchten bliebe!
Otto Erich Hartleben
Otto Erich Hartleben (1864 – 1905), deutscher Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Dramatiker
aus: „Ausgewählte Werke“ von Otto Erich Hartleben. Verlag: Berlin, S. Fischer, 1911Seite 19 – 20
Moderne Oden I
Nicht sank in Schwachheit unserer Sprache Kunst,
seitdem verhallt ist früher Heroen Schritt –
wir wandeln weiter ihre Bahnen
tönenden Fußes – und schauen lichtwärts.
Wir meistern, stolz nicht minder wie jene, noch
das Wort, und kunstreich meißelt die sichre Hand
aus deutscher Sprache reinstem Marmor
nimmer-vergänglicher Formen Schönheit.
Denn für der Menschheit heilige Güter schlägt
auch uns das Herz. Die fröhliche Flammenglut,
die ewig zu den Sternen deutet,
loht auch in uns von dem Grund der Seelen.
Wie Göttern einst der lockigen Hebe Hand
geschenkt den Nektar ewigen Jugendmuts,
so wollen wir in alten Schalen
reichen den schäumenden Wein der Zeiten.
Otto Erich Hartleben
Otto Erich Hartleben (1864 – 1905), deutscher Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Dramatiker
aus: „Ausgewählte Werke“ von Otto Erich Hartleben. Verlag: Berlin, S. Fischer, 1911. Moderne Oden I, Seite 10
Häxridt
Två häxor flyga fram med hast.
Håll fast, håll fast,
du unga lärling, vid din kvast!
Din gudmor rider, trygg och tjock,
framför dig på sin timmerbock.
I väster står en sotröd rand,
som facklors brand
vid portarna till ondskans land.
Det är en natt med traneskri,
förbi, förbi
far vindens rappa melodi.
Den unga suckar, kvävd och trängd
i djupet av sin sjuka själ:
»Nu, hem och sol och Gud, farväl!«
Den gamla tar sitt smörjehorn
och ger sin häst förnyad kraft
av dunkla blomsters saft.
»Sträck ut, sträck ut, tag noga korn
på klockans glugg i kyrkans torn!«
En stormil tar dem i sin krets,
men högt i skyn på tornets spets
står korset, tindrande i frid,
och bådas klädnad rör därvid.
Då far den gamla med ett skrik
till marken som ett kolnat lik,
ett urtömt skal, en usel rest
av skam och smuts och pest.
Den unga drivs som av en stöt
mot morgonens betäckta sköt.
Till jorden under hennes fot
det sjunker som ett moln av sot;
det är den svåra synd hon tänkt.
Men stjärnbeblänkt
hon styr sin ban
mot månens gula påsktulpan,
och kärven mellan hennes knän
slår ut som blom på videträn.
Som på en sky av stråligt ris
hon seglar friskt för vårlig bris
till paradis.
Tranbrev
Mästaren stod på stranden,
höll ett brev i handen,
tänkte med djup, gudomlig håg
på Betanias stilla by.
Vem ibland drängar alla
skulle som bud han kalla?
Då såg han upp och vinkade ner
en susande fågel ur sky.
»Trana, hör vad jag säger!
Vingar och ben du äger,
löp över träsk och flyg över berg
med min himmelska tankes ord.«
Tranan, stolt och förveten,
stöter se'n dess i trumpeten,
far med ståt i sin purpurhatt
som kurir mellan himmel och jord.
Se, nu kommer tranan,
tranan kommer från Kanan,
söker sig hit till sin nord igen,
sitt kärr, sina frostiga bär.
Hör du tranan skria,
öppna ditt fönster, Maria,
lyssna och tänk en bebådelsenatt
på den som dig rätt har kär.
Rent som med sol på driva
ville min längtan jag skriva,
sända den bort till din fjärran trakt
med det ädlast betrodda bud.
Hör du hornet i blåsten
tänk: Nu kommer posten.
Vänta, du grå postiljon, och bär
tillbaka min hälsning med Gud!
Erik Axel Karlfeldt
Erik Axel Karlfeldt (1864 – 1931), schwedischer Lyriker, Nobelpreisträger
aus: „Flora och Bellona: dikter“ (Erik Axel Karlfeldt Blumen und Bellonna, Gedichte) von Erik Axel Kaerlfeldt. Vderlag: Stockholm, Wahlström & Widstrand, 1918. PÅSKLEGENDER. Seite 77 – 79