Gefühle

Alle Gefühle haben ihren eigenen Tonfall

Tous les sentimens ont chacum un ton de voix, des gestes et eds mines qui leur sont propres; et ce rapport, bon ou mauvais, agreable ou desgreable, est ce qui fait que les personnes plaisent ou déplaisent.

Alle Gefühle haben ihren eigenen Tonfall, ihre eigenen Gesten und Minen, und dieses Verhältnis, ob gut oder schlecht, angenehm oder unangenehm, ist das, was die Menschen angenehm oder unangenehm macht.

François de La Rochefoucauld

François VI. de La Rochefoucauld (1613 – 1680),, franz. Offizier, Diplomat und Schriftsteller, Moralist, Memorialist

Glück

wir sind glücklich

La felicité est dans le goust, et non pas dans les choes; et cèst par avoir ce quòn aime quòn es heureux, et non par avoir ce que les autres trouvent aimable.

Happiness is in the taste, and not in the things themselves; we are happy from possessing what we like, not from possessing what others like.

Das Glück liegt im Geschmack und nicht in den Dingen selbst; wir sind glücklich, wenn wir besitzen, was wir mögen, und nicht, wenn wir besitzen, was andere mögen.

François de La Rochefoucauld

François VI. de La Rochefoucauld (1613 – 1680),, franz. Offizier, Diplomat und Schriftsteller, Moralist, Memorialist

Das Kamel im Mausloch

Mäuslein zieht am Strick mit Lift

Dschami's Fabeln

Das Kamel im Mausloch

Mit gebundnen Füßen ging
Das Kameil sein Futter pflücken;
Eine Maus, das kleine Ding,
Sah von fern den Höckerrücken,
Wollte sehn, ob's groß und hoch
Nicht ging' in ihr Mauseloch.

Mäuslein zieht am Strick mit Lift,
Und das Tier es folgt dem Zuge;
Denn gehorsam jeder Frist
Seinem Führer folgt das Kluge;
Folgt, so lang das Mäuslein sieht.

Soll ich, spricht es, da hinein?
Siehe zu, was du beginnest!
Ich bin groß, und es ist klein;
Das du Schaden nicht gewinnest!
Kann's für mich erweitern sich?
Nicht verdünnen kann ich mich.

Doch das Mäuslein saß im Loch,
Bräuchte sich allein das kluge,
Zog und ziehet immer noch,
Folgt das Trampeltiere dem Zuge,
Und ein Tritt von ihm zertrat
Mäuslein und den Mäusestaat.

Dschāmi (1414 - 1492), persischer Mystiker, Dichter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788 - 1866)

Freimund Raimar (1788 – 1866),, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung

Die Schildkröte im Brunnen

Es war ein großer Garten

Dschami's Fabeln

Die Schildkröte im Brunnen

Es war ein großer Garten,
hatt' einen reichen Herrn,
Der drin hielt aller Arten
Gewächs und Tiere gerne.
Es täten Quellen springen,
Und schöne Bäume blühn,
Und bunte Vögel gingen
Luftwandeln durch das Grün.

Der Pfaue sprach zum Raben:
Dein rotes Stieflein
Sollt' ich am Fuße haben;
Es muß verwechselt sein.
Als uns der Herr gewogen
hervorrief aus der Nacht,
hast du dir's angezogen,
Mir war es zugedacht.

Ich nahm von schwarzem Leder
hier dieses aus Vesehn;
Es paßt zu deiner Feder,
Zu meiner will's nicht stehn.
So paßt nur mein Gefieder
Zum roten Stieflein;
Gib mir, was mein ist, wieder,
Und nimm zurück, was dein!

Der Rabe sprach dagegen:
Ein Irrtum ist geschehn,
Doch nicht der Stiefel wegen,
Am Kleid liegt das Versehn;
Denn einsehn muß ein jeder:
Es paßt ein buntes Kleid,
Und keine schwarze Feder,
Zu diesem Fußgeschmeid.

Als und der Herr erweckte
Vom Schlaf mit seiner Hand,
War ich betäubt und steckte
Mein Haupt durch dein Gewand;
So streckest du das deine
Aus meines Röckleins Zier:
Gib mir zurück das meine,
Und nimm das deine dir! -

Ihr Streit war ungeschieden,
Da hob ihr leises Ohr
Aus eines Brunnen Friedern
Die Schildkröt' empor;
Sie sprach mit ernsten Tönen,
Und jene horchten gern:
Was wollt ihr habend höhnen
Die Weisheit eurer Herrn?

Es tat der Herr, der Meister,
Nur was ihm billig schien;
Nicht einem seiner Geister
hat alles er verliehn.
Er hat sein Gut verteilet
Zu vieler Pfründner Glück;
Und was im Garten weilet,
Ein jedes hat ein Stück.

Dem Pfauen, sich zu brüsten,
hat er gestickt das Kleid,
Dem Raben nach Gelüsten
Geschmückt das Fußgeschmeid.
Und wem er hat gegeben
Ein ungeschmücktes Sein,
Der dank' ihm auch das Leben,
Das den sehn sein Schmuck allein

Friedrich Rückert

Freimund Raimar (1788 – 1866),, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung

Die meisten Menschen sind darum unglücklich

weil sie nie tun, was sie wollen

Die meisten Menschen sind darum unglücklich, weil sie nie tun, was sie wollen, noch was sie sollen.

Fanny Tarnow

Franziska Christiane Johanna Friederike Tarnow (1779 – 1862), deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin. Pseudonyme Fanny, F.T.

Irrtum ist das Gegenstück

nicht das Gegenteil

Irrtum ist das Gegenstück der Wahrheit, nicht das Gegenteil davon.

Fanny Tarnow

Franziska Christiane Johanna Friederike Tarnow (1779 – 1862), deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin. Pseudonyme Fanny, F.T.

Wo das Herz traurig ist

wird die Freude keine Trösterin

Wo das Herz traurig ist, wird die Freude keine Trösterin.

Fanny Tarnow

Franziska Christiane Johanna Friederike Tarnow (1779 – 1862), deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin. Pseudonyme Fanny, F.T.

Der Unglückliche ist mißtraurisch

darum scheint er meistens stolz

Der Unglückliche ist mißtraurisch, und darum scheint er meistens stolz zu sein.

Fanny Tarnow

Franziska Christiane Johanna Friederike Tarnow (1779 – 1862), deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin. Pseudonyme Fanny, F.T.

In jeder Menschenbrust

wohnt ein Engel

In jeder Menschenbrust wohnt ein Engel, der leise spricht, wenn man nur hören will.

Fanny Tarnow

Franziska Christiane Johanna Friederike Tarnow (1779 – 1862), deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin. Pseudonyme Fanny, F.T.

In wessen Herzen Liebe wohnt

da spricht das ganze Benehmen es aus

In wessen Herzen Liebe wohnt, da spricht das ganze Benehmen es aus.

Fanny Tarnow

Franziska Christiane Johanna Friederike Tarnow (1779 – 1862), deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin. Pseudonyme Fanny, F.T.