Ich hatt einst ein Blümchen

Ich hatt‘ einst ein Blümchen

Ich hatt‘ einst ein Blümchen, so lieblich und hold,
Wohl that ich das Blümchen versorgen;
Ich hütet‘ es baß, wie Demanten und Gold,
Und schaut‘ es am Abend und Morgen.

Voll‘ Freude bemerkt‘ ich, wie schön es gedieh,
Doch währte die Freude nicht lange
Es senkte das Häuptchen und duftete nie:
Mir ward um das Blümchen so bange.

Da kam einst ein Mädchen im Garten zu mir
Ich ließ es ja gerne geschehen;
Stolz hob sich das Blümchen, und prangte vor ihr,
Nie hatt‘ ich so schön es gesehen.

Schnell bückt‘ sich das Mädchen und pflückt‘ es für sich,
Mir waren die Sinne geschwunden;
Nicht Worte, nicht Lieder beschreiben, was ich
Bei diesem Verluste empfunden.

Ich konnte nicht klagen, doch thränenvoll hing
Mein Auge noch lang an der Stelle;
Da hört‘ ich ein Stimmchen, als wimmernd ich ging,
Es tönte so silbern und helle.

Du pflegtest ein Blümchen zwar lieblich und schön,
Doch lohnt es die Pflege nur selten:
Denn Männertreu heißt es, meist wirst du es sehn
Die Liebe mit Undank vergelten.

Therese von Artner

Therese von Artner (1772 – 1829), ungarische-deutsche Schriftstellerin

Ich will nun sagen

Ich will nun sagen

„Ich will nun sagen, das alle hören sollen, die Ohren haben zu hören. Man erfinde absichtlich irgendein grässliches Verbrechen, von dem das Volk Schaden befürchtet. Man verbreitet ein Gerücht darüber und lasse die Gerichte dagegen einschreiten mit denselben Mitteln, wie sie jetzt gegen das Hexenunwesen angewandt werden. Ich verspreche, dass ich … lebend ins Feuer geworfen werden will, wenn es nach kurzer Zeit in Deutschland nicht ebenso viele … Schuldige geben sollte, wie es jetzt der Magie Schuldige gibt.“

Friedrich Spee

Friedrich Spee (1591 – 1635, deutscher Jesuit, berühmter Kritiker der Hexenprozesse

Und Freude gibt es überall

in der grünen Grasdecke der Erde

Und Freude gibt es überall - in der grünen Grasdecke der Erde; in der blauen Heiterkeit des Himmels; in der strengen Enthaltsamkeit des grauen Winters.

Rabindranath Tagore

Rabindranath Tagare ( 1861 – 1841), bengalischer Dichter, Philosoph, Musiker, Komponist, Dramatiker, Universalgelehrter, Anhänger der hinduistischen Reformbewegung Brahmo Sanaj

Herbsttag

Der Sommer war sehr groß

Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. 

Rainer Maria Rilke 

Rainer Maria Rilke (1875 – 1926) österreichischer Lyriker deutscher und französischer Sprache

Das ist alles

Ich weiß von vielen Dingen

Das ist alles

Das Menschlein spricht: Ich weiß von vielen Dingen.
Doch ach! Schon enfalteten ihre Schwingen,
Künste und Wissenschaften
Und tausend Machenschaften!
Der Wind weht -
Das ist alles, was der Mensch vesteht.

Henry David Thoreau

Henry David Thoreau (1817 – 1862), US-amerikanischer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge

Bildnis: Henry David Thoreau (1817 – 1862)

Henry David Thoreau (1817 – 1862)

der Teich

Der Teich

Da liegst Du still vor dem erstaunten Blick!
Kein Gang vermag Dich nach Gebühr zu preisen,
Vertrauter sind mir Gott und Himmel nicht
Als Du, vielteurer See!
Ich bin dein stein'ges Ufer und der Wind,
Der Deine Fluten sanft bewegt.
In meiner hohlen Hand
Halt ich Dein Wasser, Deinen Sand,
Und Deine Tiefe lehrt mich
Nach dem Höchsten streben.

Henry David Thoreau 

Henry David Thoreau (1817 – 1862), US-amerikanischer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge

Henry David Thoreau (1817 – 1862)

Bildnis: Henry David Thoreau (1817 – 1862)

Henry David Thoreau (1817 – 1862)

Luxus

Es ist herrlich zu überdenken, wie unabhängig der Mensch von allem entnervenden Luxus bleibt, und je weniger er davon hat, um so reicher ist er.

Henry David Thoreau

Henry David Thoreau (1817 – 1862), US-amerikanischer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge

aus: ‚Herbst – Aus dem Tagebuch von Henry David Thorau‘, übersetzt vom Amerikanischen ins Deutsche von Bertha Engler . Herausgeber: H. G. O. Blake. Verlag Büchergilde Gutenberg, Zürch, 1945 (Original: The Journal of Henry Thoreau 1837 – 1846)

Bildnis: Henry David Thoreau (1817 – 1862)

die Natur

Der Mensch vergiftet

Der Mensch vergiftet ihre (die Natur) erfrischenden Luftströme und ist ein Fluch für das Land, das ihn gebar.

Henry David Thoreau

Henry David Thoreau (1817 – 1862)Henry David Thoreau (1817 – 1862), US-amerikanischer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge

aus: ‚Die Tagebücher von Henry David Thorau‘, übersetzt vom Amerikanischen ins Deutsche von Bertha Engler . Herausgeber: H. G. O. Blake. Verlag Büchergilde Gutenberg, Zürch, 1945 (Original: The Journal of Henry Thoreau 1837 – 1846)

Bildnis: Henry David Thoreau (1817 – 1862)