Liebe

Morgen schicke ich dir diesen Brief, morgen erhalte ich vielleicht einen Brief von dir; wenn du mich recht liebtest, so müsstest du ja gleichsam mit mir deine Briefe erwarten. Wenn ich dir schreibe, so sehe ich, wie du jede Zeile mit deinen lieben Augen liest, ja ich sehe gar nicht, was ich schreibe, ich sehe nur deine Augen. Ich möchte auch gar nicht aufhören dir zu schreiben …

Clemens von Bretano

Clemens Wenzeslaus Bretano (1778 – 1842), deutscher Schriftsteller

Saphire

Saphire

Saphire sind die Augen dein,
Die lieblichen, die süßen.
Oh, dreimal glücklich ist der Mann,
Den sie mit Liebe grüßen.

Dein Herz, es ist ein Diamant,
Der edle Lichter sprühet.
Oh, dreimal glücklich ist der Mann,
Für den es liebend glühet.

Rubinen sind die Lippen dein,
Man kann nicht schönre sehen.
Oh, dreimal glücklich ist der Mann,
Dem sie die Liebe gestehen.

Oh, kennt ich nur den glücklichen Mann,
Oh, daß ich ihn nur fände,
So recht allein im grünen Wald,
Sein Glück hätt bald ein Ende.

Heinrich Heine

Christian Johann Heinrich Heine (Harry Heine), (1797 – 1856), deutscher Dichter und Romancier, ein Hauptvertreter des Jungen Deutschland, Begründer des modernen Feuilletons

Gerechtigkeit

Siehst du, daß andere falsch sind, sei du selbst gerecht, so mußt an der Gerechtigkeit du nie verzweifeln, und behälst die Tatkraft ungebrochen.

Otto Ludwig

Otto Ludwig (1813 – 1865) deutscher Schriftsteller.

aus: „Zwischen Himmel und Erde“. Verfasser: Otto Ludwig. Vierte Auflage 1873. Verlag: Otto Janke, Berlin.

nur dieses Mal

welch wohltätiger Zauber

Die Menschen wissen nicht, was sie tun, wenn sie sagen: Ich tu’s nur dies eine Mal. Sie wissen nicht, welch wohltätigen Zauber sie zerstören. Daß einmal nie einmal bleibt.

Otto Ludwig

Otto Ludwig (1813 – 1865) deutscher Schriftsteller.

aus: „Zwischen Himmel und Erde“. Verfasser: Otto Ludwig. Vierte Auflage 1873. Verlag: Otto Janke, Berlin.

Glück

Nicht der Himmel ist das Glück

Nicht der Himmel bringt das Glück; der Mensch bereitet sich sein Glück und spannt seinen Himmel selber in der eigenen Brust.

Otto Ludwig

Otto Ludwig (1813 – 1865) deutscher Schriftsteller.

aus: „Zwischen Himmel und Erde“. Verfasser: Otto Ludwig. Vierte Auflage 1873. Verlag: Otto Janke, Berlin.

Liebe

Wie die Liebe alles verändert und umstürzt

„Wie die Liebe alles verändert und umstürzt! Das »Ich« ist ein Hirngespinst. Ich fühle bestimmt, daß ich nicht »Ich« bin. Ich bin »Sie«, und um das zu sein, brauche ich gar nichts an mir aufzugeben. Ihre Interessen, Ihre Neigungen, Ihr Glück, Ihre Freuden – das ist das »Ich«, lieber Freund, das mir lieb und wert und vertraut ist. Alles übrige ist mir etwas Fremdes.“

Julie Jeanne de Lespinasse

Julie Jeanne de Lespinasse (1732 – 1776) französische Schriftstellerin und Salonnierende der Aufklärung

aus: „Die Liebesbriefe der Julie de Lespinasse„. Übertragen und eingeleitet von Arthur Schurig. Lehmann, Dresden 1920

Freundschaft

den Zauber der Freundschaft

Ich danke Ihnen die süße Wonne, den Zauber der Freundschaft.

Julie Jeanne de Lespinasse

Julie Jeanne de Lespinasse (1732 – 1776) französische Schriftstellerin und Salonnierende der Aufklärung

aus: „Die Liebesbriefe der Julie de Lespinasse„. Übertragen und eingeleitet von Arthur Schurig. Lehmann, Dresden 1920

Schluß

Nicht für viele, nicht für manche

Schluß

Und nun ist mein Lied zu Ende,
Und ich hab‘ es doch gesungen,
Alter Uhu, dir zum Trotze,
Dir und deinen Lästerungen.

Manchmal wollt‘ ich schier verzagen,
Dacht‘ ich an dein bittres Höhnen,
Sah ich deine Schlote rauchen,
Hört‘ ich deine Hämmer dröhnen;

Drang zu meiner weltvergeßnen
Siedelei im Wasserschlosse
Das Gewieher und Gebrause
Deiner dampfbeschwingten Rosse.

Denn die Zeit ist schwer; ehrwürd’ge
Heil’ge Satzung wird zur Fabel,
Recht zu Aberwitz; aus Trümmern
Baut der Wahn ein neues Babel;

Wild die Herzen, feil die Treue,
Gold und Macht die höchsten Götter,
Und den Altar unterwühlen
Hier die Heuchler, dort die Spötter.

O, die Zeit ist schwer geworden,
Und mich mahnt ihr wirres Rauschen;
Anderm Saitenspiel als solchem,
Andrer Lehre will sie lauschen.

Doch, was quillt, das muß zutage,
Und in langen Winternächten
Fuhr ich fort, getrosten Mutes,
Einsam Reim an Reim zu flechten.

Nicht für viele, nicht für manche;
Nur für diesen, nur für jenen,
Der abseits der großen Straße
Horchen mag verlornen Tönen:

Wie zu einer Waldkapelle
Nicht im Feierzug die Frommen,
Doch abseits der großen Straße
Jägersmann und Pilgrim kommen,

Die allein, gebückten Hauptes
Durch das niedre Pförtlein treten,
Um am kleinen staubbedeckten
Holzaltare still zu beten;

Scheidend dann zu dürren Kränzen,
Die sich sacht im Winde regen,
Wohl als Opferspend‘ ein armes
Reis von ihrem Hut zu legen. –

Helf‘ uns Gott den Weg zur Heimat
Aus dem Erdenelend finden:
Betet für den armen Schreiber,
Schließt der Sang von Dreizehnlinden!

Friedrich Wilhelm Weber

Friedrich Wilhelm Weber (1813 – 1894), Dichter, Arzt, Politiker. Pseudonym ‚B. Werder‘

aus: „Dreizehnlinden“, ein Epos von Friedrich Wilhelm Weber. Verfasser: Friedrdich Wilhelm Weber. Verlag: Ferdinand Schönigh, Paderborn, 1884

Scherz

Der Scherz darf nicht kränken oder beleidigen; boshafter Scherz ist ein Widerspruch; er soll gefallen und erfreuen.

Carl Julius Weber

Carl Julius Weber (1767 – 1832) deutscher Schriftsteller und Satiriker

aus: „Demokritos oder hinterlassene Papiere eines lachenden Philosophen“. Text: Der Scherz. von Carl Julis Weber. Stuttgart, Scheible, Rieger & Sattler. 1848. (12 Bände von 1832 – 1840)