Das Gerüchte

Mit Verlust des guten Namens

Das Gerüchte

Mit Verlust des guten Namens einen guten Freund erkaufen,

Eignet nicht den weisen Leuten, nur dem blinden Pöfel-Haufen.

Friedrich von Logau

hier: pöfel – Pöbel

Angst vor Krankheit

Ich habe zuerst gelernt

Was hast Du gelernt?

Ich habe zuerst gelernt, mich besser auf diese lebendige Mechanik zu verlassen, die ich für zerbrechlich hielt. Ich höre auch nicht mehr auf seine leisen Klagen und Beschwerden, wie ich es früher getan habe, denn ich habe mich durch lange Erfahrung davon überzeugt, dass die Angst vor Krankheit die Hauptursache für Krankheiten ist.

Alain

Liebe

Einen Menschen zu nehmen, wie er ist

Liebe

Einen Menschen zu nehmen, wie er ist, ist noch gar nichts. Dass muss man immer. Die wirkliche Liebe besteht darin, ihn auch zu wollen, wie er ist.

Alaine

Der Maulwurf

Der Maulwurf ist nicht blind

Der Maulwurf

Der Maulwurf ist nicht blind, gegeben hat ihm nur

Ein kleines Auge, wie er’s brauchet, die Natur.

Friedrich Rückert

Freimund Reimar (1788 – 1866), deutscher Dichter, Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtungen. Bekannt als Friedrich Rückert

Ich freue jeden Tag

Ich freue mich durch des Jahres

Ich freue mich jeden Tag

Ich freue mich jeden Tag dem Abend mich entgegen,
Und jede Nacht im Traum mich auf den Morgensegen.

Ich freue still mich mit unungestürmter Lust,
Nicht ungeduldig ist die Freud' in meiner Brust.

Ich freu' mich auf die Stund' und auf den Augenblick,
Auf groß und kleines, mein und anderer Geschick.

Vom Herbst den Winter durch freu' ich dem Lenz mich zu,
Und aus dem Sommer durch den Herbst zur Winterruh.

Ich freu' mich durch des Jahres und durch des Lebens Zeit,
Und aus der Zeit hinaus mich in die Ewigkeit.

Friedrich Rückert

Menschenglück

müssen wir mehr des Lebens

Wollen wir Menschenglück verbreiten, dann müssen wir mehr des Lebens Erscheinungen als dessen Regel besprechen.

Ludwig Börne

Ludwig Börne (1786 – 1827), deutscher Journalist, Literatur- und Theaterkritiker, Schriftsteller und Publizist

aus: „Ankündigung der Zeitschwingen“. Verfasser: Ludwig Börne. 1819

Der Schmetterling

Er schwingt sich auf, ihn trägt die Luft

Der Schmetterling

Ein Jugendbild

Ein Räuplein saß auf kleinem Blatt,
Es saß nicht hoch, doch aß es satt
Und war auch wohl geborgen;
Da ward das kleine Raupending
Zum Schmetterling,
An einem schönen Morgen
Zum bunten Schmetterling.

Der Schmetterling blickt um sich her,
Es wogt um ihn ein goldnes Meer
Von Farben und von Düften;
Er regt entzückt die Flügelein:
Muß bei euch sein,
Ihr Blumen auf den Triften,
Muß ewig bei euch sein!

Er schwingt sich auf, ihn trägt die Luft
So leicht empor, er schwelgt in Duft,
O Freude, Freude, Freude!
Da saust ein scharfer Wind vorbei,
Reißt ihm entzwei
Die Flügel alle beide.
Der Wind reißt sie entzwei.

Er taumelt, ach! so matt, so matt,
Zurück nun auf das kleine Blatt,
Das ihn ernährt als Raupe.
O weh, o weh, du armes Ding!
Ein Schmetterling,
Der nährt sich nicht vom Laube –
Du armer Schmetterling!

Ihm ist das Blatt jetzt eine Gruft,
Ihn letzt nur Blumensaft und Duft,
Die kann er nicht erlangen,
Und eh’ noch kommt das Abendrot,
Sieht man ihn tot
An seinem Blättlein hangen,
Ach kalt, erstarrt und tot!

Friedrich Hebbel

Christian Friedrich Hebbel (1813 – 1863), deutscher Dichter, Dramatiker

das Schöne

Das Schöne entsteht

Das Schöne entsteht, sobald die Phantasie Verstand bekommt.

Friedrich Hebbel

Christian Friedrich Hebbel (1813 – 1863), deutscher Dichter, Dramatiker

Hahn bei Tage kräht

weil er schlechtes Wetter prophezeit

Es gibt Leute, die einen Hahn, der bei Tage kräht, umbringen könnten, weil er schlechtes Wetter prophezeit.

Friedrich Hebbel

Christian Friedrich Hebbel (1813 – 1863), deutscher Dichter, Dramatiker

Ballade des äußeren Lebens

Und immer weht der Wind

Und Kinder wachsen auf mit tiefen Augen,
die von nichts wissen, wachsen auf und sterben,
und alle Menschen gehen ihre Wege.

Und süße Früchte werden aus den herben
und fallen nachts wie tote Vögel nieder
und liegen wenig Tage und verderben.

Und immer weht der Wind, und immer wieder
vernehmen wir und reden viele Worte
und spüren Lust und Müdigkeit der Glieder.

Und Straßen laufen durch das Gras, und Orte
sind da und dort, voll Fackeln, Bäumen, Teichen,
und drohende, und totenhaft verdorrte...

Wozu sind diese aufgebaut? Und gleichen
einander nie? Und sind unzählig viele?
Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen?

Was frommt das alles uns und diese Spiele,
die wir doch groß und ewig einsam sind
und wandernd nimmer suchen irgend Ziele?

Was frommt's, dergleichen viel gesehen haben?
Und dennoch sagt der viel, der „Abend“ sagt,
ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt
wie schwerer Honig aus den hohlen Waben

Hugo von Hofmannsthal

Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal (1874 – 1929) österreichischer Schriftsteller, Dichter, Librettist, Essayist, Erzähler, Dramatiker