Tous les sentimens ont chacum un ton de voix, des gestes et eds mines qui leur sont propres; et ce rapport, bon ou mauvais, agreable ou desgreable, est ce qui fait que les personnes plaisent ou déplaisent.
Alle Gefühle haben ihren eigenen Tonfall, ihre eigenen Gesten und Minen, und dieses Verhältnis, ob gut oder schlecht, angenehm oder unangenehm, ist das, was die Menschen angenehm oder unangenehm macht.
François de La Rochefoucauld
François VI. de La Rochefoucauld (1613 – 1680),, franz. Offizier, Diplomat und Schriftsteller, Moralist, Memorialist
Maxime 255. aus: Original: „Réflexions ou Sentences et maximes morales, 1664, François de La Rochefoucauld“
Ausgabe: „Réflexions, ou Sentences et maximiert Moral“ von François de La Rochefoucauld. Verlag: Acadeèmie des Bibliophiles, Paris, 1868.
La felicité est dans le goust, et non pas dans les choes; et cèst par avoir ce quòn aime quòn es heureux, et non par avoir ce que les autres trouvent aimable.
Happiness is in the taste, and not in the things themselves; we are happy from possessing what we like, not from possessing what others like.
Das Glück liegt im Geschmack und nicht in den Dingen selbst; wir sind glücklich, wenn wir besitzen, was wir mögen, und nicht, wenn wir besitzen, was andere mögen.
François de La Rochefoucauld
François VI. de La Rochefoucauld (1613 – 1680),, franz. Offizier, Diplomat und Schriftsteller, Moralist, Memorialist
Maxime 48, aus: Original: „Réflexions ou Sentences et maximes morales, 1664, François de La Rochefoucauld“
Ausgabe: „Réflexions, ou Sentences et maximiert Moral“ von François de La Rochefoucauld. Verlag: Acadeèmie des Bibliophiles, Paris, 1868.
Ausgabe: „Gemüths-Spiegel/ durch die köstlichen moralischen Betrachtungen Lehrsprüche und Maximen die Erkäntniß seiner selbst und anderer Leute zeigend“, übersetzt von August Bohse, Leipzig 1699 (Originalgröße 4 x 12 cm) übersetzt in deutsch zu seiner Zeit.
Dschami's Fabeln
Das Kamel im Mausloch
Mit gebundnen Füßen ging
Das Kameil sein Futter pflücken;
Eine Maus, das kleine Ding,
Sah von fern den Höckerrücken,
Wollte sehn, ob's groß und hoch
Nicht ging' in ihr Mauseloch.
Mäuslein zieht am Strick mit Lift,
Und das Tier es folgt dem Zuge;
Denn gehorsam jeder Frist
Seinem Führer folgt das Kluge;
Folgt, so lang das Mäuslein sieht.
Soll ich, spricht es, da hinein?
Siehe zu, was du beginnest!
Ich bin groß, und es ist klein;
Das du Schaden nicht gewinnest!
Kann's für mich erweitern sich?
Nicht verdünnen kann ich mich.
Doch das Mäuslein saß im Loch,
Bräuchte sich allein das kluge,
Zog und ziehet immer noch,
Folgt das Trampeltiere dem Zuge,
Und ein Tritt von ihm zertrat
Mäuslein und den Mäusestaat.
Dschāmi (1414 - 1492), persischer Mystiker, Dichter
Übersetzt von Friedrich Rückert (1788 - 1866)
Freimund Raimar (1788 – 1866),, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung
aus: „Erbauliches und Beschauliches aus dem Morgenlande“ von Friedrich Rückert. Verlag von Gustav Bethke, Berlin , 1837 Seite 97 – 98
Dschami's Fabeln
Die Schildkröte im Brunnen
Es war ein großer Garten,
hatt' einen reichen Herrn,
Der drin hielt aller Arten
Gewächs und Tiere gerne.
Es täten Quellen springen,
Und schöne Bäume blühn,
Und bunte Vögel gingen
Luftwandeln durch das Grün.
Der Pfaue sprach zum Raben:
Dein rotes Stieflein
Sollt' ich am Fuße haben;
Es muß verwechselt sein.
Als uns der Herr gewogen
hervorrief aus der Nacht,
hast du dir's angezogen,
Mir war es zugedacht.
Ich nahm von schwarzem Leder
hier dieses aus Vesehn;
Es paßt zu deiner Feder,
Zu meiner will's nicht stehn.
So paßt nur mein Gefieder
Zum roten Stieflein;
Gib mir, was mein ist, wieder,
Und nimm zurück, was dein!
Der Rabe sprach dagegen:
Ein Irrtum ist geschehn,
Doch nicht der Stiefel wegen,
Am Kleid liegt das Versehn;
Denn einsehn muß ein jeder:
Es paßt ein buntes Kleid,
Und keine schwarze Feder,
Zu diesem Fußgeschmeid.
Als und der Herr erweckte
Vom Schlaf mit seiner Hand,
War ich betäubt und steckte
Mein Haupt durch dein Gewand;
So streckest du das deine
Aus meines Röckleins Zier:
Gib mir zurück das meine,
Und nimm das deine dir! -
Ihr Streit war ungeschieden,
Da hob ihr leises Ohr
Aus eines Brunnen Friedern
Die Schildkröt' empor;
Sie sprach mit ernsten Tönen,
Und jene horchten gern:
Was wollt ihr habend höhnen
Die Weisheit eurer Herrn?
Es tat der Herr, der Meister,
Nur was ihm billig schien;
Nicht einem seiner Geister
hat alles er verliehn.
Er hat sein Gut verteilet
Zu vieler Pfründner Glück;
Und was im Garten weilet,
Ein jedes hat ein Stück.
Dem Pfauen, sich zu brüsten,
hat er gestickt das Kleid,
Dem Raben nach Gelüsten
Geschmückt das Fußgeschmeid.
Und wem er hat gegeben
Ein ungeschmücktes Sein,
Der dank' ihm auch das Leben,
Das den sehn sein Schmuck allein
Friedrich Rückert
Freimund Raimar (1788 – 1866),, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung
aus: „Erbauliches und Beschauliches aus dem Morgenlande“ von Friedrich Rückert. Verlag von Gustav Bethke, Berlin , 1837 Seite 79 – 82
Der verflogene Falke
Hielt einmal ein König mächtig
Einen Edelfalken prächtig,
Und ihn auf der Hand zu tragen
War sein einziges Behagen.
Einst, zum Jagen ausgesendet,
hat er sich zur Flucht gewendet;
Und auf seines Daches Balken
Fand ein Bau'r den Edelfalken.
Müde schien er von der Reise,
Laden wollt' er ihn zur Speise.
Doch er sah die scharfen Fänge
Und des krummen Schnabels Länge.
"Gerstenkörnchen aufzupicken
Wird der Schnabel sich nicht schicken,
Und es werden diese Krallen
Dir im Sehn beschwerlich fallen."
Also stutzt er ihm die Fänge,
kürzet ihm des Schnabels Länge,
Und als er ihn ganz verschändet,
Glaubt er alles wohl vollendet.
Hat indes der Fürst befohlen,
Seinen Flüchtling einzuholen.
Auf des Bauernhaufes Balken
Finden sie den Edelfalken,
Den entadelten, und bringen
Ihn zurück mit schlappen Schwingen.
Doch der König ihn berachtend,
Erst bedauernd, dann verachtend,
"Mir hinweg vom Angesichte,"
Rufet er, "mit diesem Wichte!
Werfet ihn hinab die Stufen
Und laßt über ihm ausrufen:
Dieses ist die Strafe dessen,
Der so pflicht= als ehrvergessen,
Seine Stell' und einen passend
Ehrenvollen Dienst verlassend,
Wilder Luft nach, dahin rennet
Wo man seinen Wert nicht kennet."
Friedrich Rückert
Freimund Raimar (1788 – 1866),, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung
aus: „Erbauliches und Beschauliches aus dem Morgenlande“ von Friedrich Rückert. Verlag von Gustav Bethke, Berlin , 1837 Seite 43 – 45
Wenn zu gleicher Zeit zwei Mütter
Und am gleichen Ort geboren
Einen Knaben und ein Mädchen,
Welche sie verwechselt haben:
Wie wird deren Streit entschieden?
Also: daß man in zwei Flaschen
Füllt die Milch der beiden Mütter,
Und sie wägt auf einer Wage;
Deren Milch nun schwerer wieget,
Die ist's, die gebar den Knaben.
So viel schwerer in der Meinung,
Als ein Mädchen, wiegt ein Knabe.
Friedrich Rückert
Freimund Raimar (1788 – 1866),, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung
aus: „Erbauliches und Beschauliches aus dem Morgenlande“ von Friedrich Rückert. Verlag von Gustav Bethke, Berlin , 1837 Seite 65
Geschichte des arabischen Sprichworts:
Wir können nur geben, was wir empfangen haben
Es war ein Mann, der wollte
Von seinem Weibe Knaben;
Zu seinem Ärger sollte
Er lauter Mädchen haben.
als sie das erste brachte,
Ertrug er's noch geduldig;
Als sie's nicht besser machte,
Zeigt' er sich schon ungeduldig.
Und als sie's tat zum dritten,
Wollt' er nicht länger leiden,
Was er so lang gelitten,
Und drohte, sich zu scheiden.
Da sprach sie: Für mein Leben
Gäb' ich dir gerne Knaben;
Wir können doch nur geben,
Was wir empfangen haben.
Friedrich Rückert
Freimund Raimar (1788 – 1866),, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung
aus: „Erbauliches und Beschauliches aus dem Morgenlande“ von Friedrich Rückert. Verlag von Gustav Bethke, Berlin , 1837 Seite 71 – 72