Menschenglück

Wollen wir Menschenglück verbreiten

Wollen wir Menschenglück verbreiten, dann müssen wir mehr des Lebens Erscheinungen als dessen Regel besprechen.

Ludwig Börne

Ludwig Börne (1786 – 1827), deutscher Journalist, Literatur- und Theaterkritiker, Schriftsteller und Publizist

aus: „Ankündigung der Zeitschwingen“. Verfasser: Ludwig Börne. 1819

Mitleid mit den Tieren

Mitleid mit den Tieren hängt mit der Güte

Mitleid mit den Tieren hängt mit der Güte des Charakters so genau zusammen, daß man zuversichtlich behaupten darf, wer gegen Tiere grausam ist, könne kein guter Mensch sein.

Arthur Schopenhauer

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), deutscher Philosoph, Hochschullehrer, Schriftsteller

Frühlingsglauben

Die linden Lüfte sind erwacht

Frühlingsglauben

Die linden Lüfte sind erwacht,
sie säuseln und wehen Tag und Nacht,
sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden!

Ludwig Uhland

Ludwig Uhland (1787 – 1862)

Mir wird allemal wohl

wenn ich einen Menschen finde

Mir wird allemal wohl, wenn ich einen Menschen finde, der dem Lärm und dem Geräusch immer so aus dem Wege geht, und gerne allein ist. Der, denke ich denn, hat wohl ein gutes Gewissen; er läßt die schnöden Linsengerichte stehen, und geht vorüber, um bei sich einzukehren, wo er beßre Kost hat, und seinen Tisch immer gedeckt findet.

Wehe den Menschen, die nach Zerstreuung haschen müssen, um sich einigermaßen aufrecht zu erhalten!

Doch wehe siebenmal den Unglücklichen, die Zerstreuung und Geschäftigkeit suchen müssen, um sich selbst aus dem Wege zu gehen! Sie fürchten, allein zu sein; denn in der Einsamkeit und Stille rührt sich der Wurm, der nicht stirbt, wie sich die Tiere des Waldes in der Nacht rühren, und auf Raub ausgehen.

Aber selig ist der Mensch, der mit sich selbst in Friede ist, und unter allen Umständen frei und unerschrocken auf und um sich sehen kann! Es gibt auf Erden kein größer Glück.

Matthias Claudius

Matthias Claudius (1740 – 1815), deutscher Dichter, Redakteur, Erzähler und Herausgeber des Wandsbecker Boten, Pseudonym Asmus

Glück

Es ist, glaube ich, keine Frage

Es ist, glaube ich, keine Frage, daß bei aller Ungleichheit der Stände die Menschen alle gleich glücklich sein können; man suche nur jeden so glücklich als möglich zu machen.

Georg Christoph Lichtenberg

Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799), deutscher Schriftsteller, Philosoph, Naturforscher, Physiker, Mathematiker

Man ist immer froh

um sie nur ohne Verzug verzeihen

Man ist immer froh, kleine Mängel an geliebten Personen zu finden, um sie nur ohne Verzug verzeihen und sogar mitlieben zu können.

Gottfried Keller

Gottfried Keller (1819 – 1890), Schweizer Dichter, Politiker, Schriftsteller, Dramatiker

aus: Briefe. 19. An den Verlagsbuchhändler Eduard Bieweg. Berlin, 26. April 1850. ab Seite 57

Es ist gesünder

Es ist gesünder, nichts zu hoffen

Es ist gesünder, nichts zu hoffen und das Mögliche zu schaffen, als zu schwärmen und nichts zu tun.

Gottfried Keller

Gottfried Keller (1819 – 1890), Schweizer Dichter, Politiker, Schriftsteller, Dramatiker

aus: Briefe. 19. An den Verlagsbuchhändler Eduard Bieweg. Berlin, 26. April 1850. ab Seite 57

In der Stadt

In der Stadt 

1
Wo sich drei Gassen kreuzen, krumm und enge,
Drei Züge wallen plötzlich sich entgegen
Und schlingen sich, gehemmt auf ihren Wegen,
Zu einem Knäul und lärmenden Gedränge:
Die Wachtparad' mit gellen Trommelschlägen,
Ein Hochzeitzug mit Geigen und Gepränge,
Ein Leichenzug klagt seine Grabgesänge –
Das alles stockt, kein Glied kann sich mehr regen.
Verstummt sind Geiger, Pfaff und Trommelschläger,
Der dicke Hauptmann flucht, daß niemand weiche,
Gelächter schallet aus dem Hochzeitzug.
Doch oben auf den Schultern schwarzer Träger
Starrt in der Mitte kalt und still die Leiche
Mit blinden Augen in den Wolkenflug.

2
Was ist das ein Schrein und Peitschenknallen?
Die Fenster zittern von der Hufe Klang,
Zwölf Rosse keuchen an dem straffen Strang,
Und Fuhrmannsflüche durch die Gasse schallen.

Der auf den freien Bergen ist gefallen,
Dem toten Waldeskönig gilt der Drang;
Da schleifen sie, wohl dreißig Ellen lang,
Die Rieseneiche durch die dumpfen Hallen.

Der Zug hält meinem Fenster an,
Denn es gebricht zum Wenden ihm an Raum;
Verwundert drängt sich alles Volk heran.

Sie weiden sich an der gebrochnen Kraft;
Da liegt entkrönt der tausendjähr'ge Baum,
Aus allen Wunden quillt der edle Saft.

Gottfried Keller (1819 – 1890), Schweizer Dichter, Politiker, Schriftsteller, Dramatiker

aus: „Gedichte“ von Gottfried Keller. Verlag: Haessel, Leipzig, 1923. Sonette, Seite 46 – 47

Geübtes Herz

Und je länger er darauf gespielt

Geübtes Herz

Weise nicht von dir mein schlichtes Herz,
Weil es schon so viel geliebet!
Einer Geige gleicht es, die geübet
Lang ein Meister unter Lust und Schmerz.

Und je länger er darauf gespielt,
Stieg ihr Wert zum höchsten Preise;
Denn sie tönt mit sichrer Kraft die Weise,
Die ein Kundiger ihren Saiten stiehlt.

Also spielte manche Meisterin
In mein Herz die rechte Seele,
Nun ist’s wert, dass man es dir empfehle,
Lasse nicht den köstlichen Gewinn!

Gottfried Keller

Gottfried Keller (1819 – 1890), Schweizer Dichter, Politiker, Schriftsteller, Dramatiker

aus: „Gedichte“ von Gottfried Keller. Verlag: Haessel, Leipzig, 1923. Vermischte Gedichte Seite 79