Sommernacht
Stemengleich, vom blassen Licht beleuchtet,
Weiße Lilien über Gräsern schweben,
Ihre Kelche schimmern taugefeuchtet.
Wie sie bleich der Erde Haupt umgeben,
Ein bewegtes, reichverstreutes Glänzen
Flimmert hoch in dunkler Lüfte Räumen,
Himmelsantlitz, unter Blütenkränzen
Scheinst auch du in sanfter Nacht zu träumen.
Maria Stona
Maria Stona, geborene Maria Scholz (1861 – 1944), Dichter, Schriftstellerin, Sallonieré. Pseudonyme: Maria Stonawski, Maria Stona
aus: „Flammen und Fluten – Neue Gedichte“ von Maria Srona. Verlag von Carl Reissner, Dresden, 1912. Seite 14
Spielmannslied
Vertrau' mir nicht, mein schönes Kind,
Glaub nimmer meinem Schwur,
Ich bin so flüchtig wie der Wind
Und wie des Glückes Spur.
Wie Rosenduft verweht mein Sang,
Verweht mein kleines Lied,
Wenn's dir auch tief zum Herzen drang,
Es flieht, dahin es flieht.
So flieht die Liebe schnell dahin,
Die mir das Herz erfaßt,
Gar unstät ist mein loser Sinn,
Ich leb' in froher Hast.
Bin heute hier und morgen dort,
Wie mich das Leben dingt,
O glaube nie dem Liebeswort,
Das dir ein Spielmann singt!
Maria Stona
Maria Stona, geborene Maria Scholz (1861 – 1944), Dichter, Schriftstellerin, Sallonieré. Pseudonyme: Maria Stonawski, Maria Stona
aus: „Buch der Liebe“ von Maria Stona. Verlag von Carl Konegen, 1888. Seite 170
auch vertont und veröffentlicht in: „Drei Lieder“ aus dem Buch der Liebe Herausgeber P. E. Wagner, 1890
Um Mitternacht blühen die Blumen
Um Mitternacht blühen die Blumen
Im Strahl des Vollmonds auf,
Da steigen aus ihren Kelchen
Die lieblichsten Elfen herauf.
Sie schweben und schwingen den Reigen
Und neigen und dreh'n sich im Chor,
Und selig erwachen die Vögel
Und schau'n aus den Zweigen hervor.
Ein Rauschen wie Frühlingsgeflüster
Geht leise von Baum zu Baum,
Und treue, liebende Herzen
Träumen den schönsten Traum.
Maria Stona
Maria Stona, geborene Maria Scholz (1861 – 1944), Dichter, Schriftstellerin, Sallonieré. Pseudonyme: Maria Stonawski, Maria Stona
aus: „Buch der Liebe“ von Maria Stona. Verlag von Carl Konegen, 1888. Seite 15
auch vertont und veröffentlicht in: „Drei Lieder“ aus dem Buch der Liebe Herausgeber P. E. Wagner, 1890
Thau und Duft
Des Edlen Regung hafte im Gemüth
Nicht wie der Thau, der auf der Rose sprüht.
Den Thau verzehrt der Sonnengluth Gekose,
Doch deine Tugend sei wie Duft der Rose,
Wie Duft, um den die Blüthe wachsend wirbt
Der in und mit der Rose lebt und stirbt.
Minna Kleeberg
Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin
aus: „Gedichte“ von Minna Kleeberg. Louisville: Henry Knöfel New-York Willmer u. Rogers News Co. 1877. Seite 68
Dornen
Wenn am Rosenstock auch ein Dorn dich sticht,
Das vergißt gar leicht, wer die Rose bricht.
Doch es durchzucken dich Schmerz und Zorn,
Wenn dich am Dornstrauch verletzt ein Dorn.
Minna Kleeberg
Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin
aus: „Gedichte“ von Minna Kleeberg. Louisville: Henry Knöfel New-York Willmer u. Rogers News Co. 1877. Seite 42
Liebe
Was ist die seligste Wonne auf Erde?
Zu lieben und wieder geliebt zu werden.
Was läßt das Herz sich gar tief betrüben?
Zu lieben und nimmer geliebt zu sein;
Doch das ist die größte, die schwerste Pein:
Geliebt zu werden und nicht zu lieben.
Minna Kleeberg
Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin
aus: „Gedichte“ von Minna Kleeberg. Louisville: Henry Knöfel New-York Willmer u. Rogers News Co. 1877. Seite 17
Heilig Geliebter du!
Es thront ein Bild im Heil'genschrein
Und schirmt des Hauses Ruh',
So thronst du tief im Herzen mein,
Heilig Geliebter du!
Wohl brandet an der Seele Port
Versuchung sonder Ruh',
Du schirmst mich treu, mein Schutz und Hort,
Heilig Geliebter du!
Und in die bange Seele kehrt
Auf's Neue Glück und Ruh',
So bin ich dein und deiner werth,
Heilig Geliebter du!
Minna Kleeberg
Minna Kleeberg , geborene Cohen, (1841 – 1878), deutsch-amerikanische Dichterin
aus: „Gedichte“ von Minna Kleeberg. Louisville: Henry Knöfel New-York Willmer u. Rogers News Co. 1877. Seite 114 – 115
1.
Ich fühle lauter Angst und Schmerzen
So oft ich nur an ihn gedenk
Mein liebster Schatz in meinem Herzen
Er macht daß ich mich stündlich kränk
Ach! Ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.
2.
Ich kann kaum mehr den Mund erheben
Zu singen einen Lobgesang
Der ganze Leibe säht an zu böben
Das währt den ganze Sommer lang.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.
3.
Wo er nicht kommt und mich ergötzet
So muß ich sterben also bald
Weil mir der Schmerz das Herz verletzet
bin schon vor große Trauer kalt.
Ach: ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.
4.
Ist das die Liebe gar vergangen
Die angelobte starke Treu.
Ich warte seiner mit Verlangen
kein Schreiben hilft und macht mich frei.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.
5.
So oft ich schlaf in meinem Bette
Welche doch gar selten kann geschehn
So deut mich als wenn Ihn nicht bette
In meinen Armen angesehn.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.
6.
So offte seine roten Wangen
Der schöne Mund, das krause Haare
Muß mehr und nähren mein Verlangen
So oft will ich verzweifeln gar.
Ach! ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.
7.
Nun schweig' ich, kann nicht weiter singen
der matte Mund bestehet mir
Die Seufzen muß ich lasse dringen
aus meines Herzen Schloß erfür
Ach' ach mein Liebster, o mein Licht
Er komme doch und säume nicht.
Dorothea Eleonora von Rosenthal
(Gedicht so gut wie möglich wiedergegeben)
Dorothea Eleonora von Rosenthal (1600 – 1649), deutsche Dichterin, Schriftstellerin
aus: „Poetische Gedancken An Einen Der Deutschen Poesie sonderbahren Beförderern“ geschrieben in Breßlau. Im Jahr 1641, Dorotheen Eleonoren von Rosenthal. Seite 14 – 17
zu lesen auf ‚Staatsbibliothek Berlin – Digitalisierte Sammlungen‘
Dass eine, so die Taube ist, und die Schönheit der Morgenröte, der Sonne, des Monds, und die Schrecklichkeit der Heerspitzen hat, ist hier unter andern ein ganz außerordentlich reizendes Kunststücke, wiewohl die Sänfte Salomonis, die Krone, womit ihn seine Mutter gekrönet, der Freund, die sechzig Königinnen, die achtzig Kebsweiber, die Menge Jungfrauen, die Sulmanth, und der Reigen Mahanaim, Dinge sind, die das dufferste Erstaunen und Vergnügen verursachen.
Marie Sophie von Hopffgarten
Marie Sophie von Hopffgarten, geborene Marie Sophia von Dachröden /1713 – 1789), deutsche Dichterin, Poetin, Rittergutsbesitzerin
aus: „Der herzogliche Lündeburgische General Superintendent, Johann Arndt“ in Zelle in sieben Stück Tabeleaus, vorgestellet. Mühlhaus gedruckt mit Brücknerischen Schriften, 1760. Von Marie Sophie Hopffgarten. Das dritte Feld
Der Frühling
(an die Frau von Wrech)
Freundin dessen, der die Welt regieret,
Der an diamantnen Ketten führet
Jene Sonnen über unserm Haupt!
Sieh'! an seiner Ordnung goldnen Seilen
Muß der Frühling neu herunter eilen
Mit dem Schmuck, den ihm der Herbst geraubt.
Siehe! wie beflügelt er gekommen
Und die Trauer der Natur benommen.
Wie er sie schon jugendlich geschmückt,
Mädchen, die den Lenz im Antlitz haben,
Männer, Jünglinge und kleine Knaben
Und der Greiß, der sich am Stabe bückt;
Alles geht, gereizt von den Gerüchen
Junger Veilchen, die so niedrig kriechen
Und doch edler, als die Tulpen sind!
Und der Hyacinthen ofne Glocken
Duften Balsam, den um seine Locken
Dir entgegen trägt der Frühlingswind.
Blat und Frucht, die in der Knospe lagen
Dringen sich des Schöpfers Lob zu sagen,
Aus der Hülle nun mit Macht hervor.
Wenn die stummen Redner prächtig blühen,
Steigt, in regellosen Symphonien
Aus den Zweigen ein Gesang empor!
Ohne Muse, ohne Kunst und Schriften
Singt die Lerche, schwebend in den Lüften,
Unaufhörlich ihr pindarisch Lied
Unter ihr, in früher Tagesstunde,
Singt mit bäurisch vollgenommnem Munde
Auch die Einfalt, welche Furchen zieht!
Lämmer, die noch an den Müttern saugen,
Blöken dem zum Lobe, dessen Augen
Das Insekt im Staube kriechen sehn.Ihn muß so der Wurm im Grase preisen,
Als das Herz mit ihm bekannter Weisen,
Als die Räder, die den Weltbau drehn.
O du Tochter seiner Lieb und Güte,
Der in jedem Lenz die junge Blüthe,
Und die grüne Saat sein Lob beschreibt.
Höher, als der Dichtgeist in dem Fluge
Preisest du mit jedem Athemzuge
Einen Gott, der deine Freude bleibt!
Alles singt ihm. – Seine Nachtigallen
Oft behorchend, will ich Lieder lallen
Voll vom Lobe dessen, der mich schuf;
Bienen, die auf Lindenwipfeln summen,
Und des Fleisses Lehrer, jene Stummen
Im Erdhaufen, werden mir ein Ruf!
Anna Luise Karsch
Anna Luise Karsch, geborene Dürbach (1722 – 1791), deutsche Dichterin, Schriftstellerin
aus: „Auserlesene Gedichte“ von Anna Luise Karsch. Verlag: Berlin, Winter, 1764. Erstes Buch. Oden. Seite 33 – 35