Die schönen Wunder

Die schönen Wunder aus den sieben Reichen

Die schönen Wunder

Die schönen Wunder aus den sieben Reichen,
die bald Zitronenfalter,
groß an Stielen, bald Zwergflamiges,
die in Büschen fielen
bald Muscheln sind aus zauberstillen Teichen.

O meine Rosen. Herzen.
Mögt ihr bleiben, erschaffen,
erschöpft vom weißen Sonnenspielen
verzehrt vom Überschang, dass Allzuvielen;
tragt singend euch zu Grabe, süßer Leichen!

Ich will euch doch vom lieben Zweig, nicht trennen
euch nicht im engen, lauen Glase weinen,
die kurze Spanne Blühn euch kunstreich dehnen.

O gut: an unermeßnem Glanz verbrennen,
statt, von der heißen Erde fortgerissen,
ein langes schales Leben hinzusehnen.

Gertrud Kolmar

Gertrud Kolmar (1894 – 1943, ermordet in Ausschwitz) deutsche Lyrikerin, Schriftstellerin.

aus: ‚Die Gedichte‘, Ihr Vater züchtete in seinem Garten Rosen. Über diese Rosen schrieb sie viele Gedichte

Dicke, gelbe Butterblumen

Der Rasen blinkt, die Götter glänzen

Dicke, gelbe Butterblumen!
Der Rasen blinkt, die Götter glänzen.

Eine nackte Venus untersucht ihr Knie, ein steinerner Hercules schlägt die
Leyer.

Die Wasser stürzen, die Wolken eilen,
die Welt voll Sonne

Frühling!

In meinem Herzen
träumt das Bild eines kleinen Mädchens
mit geöffneten Lippen und lachenden Augen.

Arnold Holz

Arno Holz (1863 – 1929) Deutscher Dichter, Journalist, Dramatiker, Schriftsteller

aus ‚Phantasus‘

Phantasus ist ein Lyrikzyklus.

‚Phantasus‘ gilt als sein Hauptwerk. Erstveröffentlichung 1898. Danach schrieb er noch bis zu seinem Tode 1929 daran. Einige Male veröffentlicht, die Seiten wurden immer mehr.

Die Welt kann bestehen

es muß Menschen geben

Die Welt verstehen

Die Welt kann nicht bestehen, wenn die Menschen selbstsüchtig sind, es muß Menschen geben, welche sich opfern.

Paul Ernst

Paul Ernst (1866 – 1933) Deutscher Schriftsteller, Journalist.

Zitat ist auf einem Gedenkstein im Paul-Ernst-Park, in Berlin-Zehlendorf, Terrassenstrasse 32 – 44, Am Schlachtensee

Kreislliedchen

Herr Dreidel tanzt auf einem Bein

Kreislliedchen

Herr Dreidel tanzt auf einem Bein
rundum, rundum,
kommt die dicke Marmelkugel,
rollt ihn um, rollt ihn um,
paß auf, Herr Dreide!

Herr Dreidel tanzt auf einen Bein
rundum, rundum,
pfeifft der Wind aus einer Ecke,
pfeift ihn um, pfeift ihn um
steh auf Herr Dreidel!

Herr Dreidel tanzt auf einem Bein,
peitsch die Hieb, peitsch die Hieb,
hopp, hopp, wie springt das Brüderlein,
halt den Dieb, halt den DIeb,
heißa, Her Dreidel!

Paula Dehmel

Paula Dehmel (1862 – 1918). Deutsche Schriftstellerin, Autorin für Kindergedichte und Märchen

Dolcefarniente

Unter weißumblühten Bäumen

Dolcefarniente

Unter weißumblühten Bäumen
mit der holdesten der Frauen
faul und weich dahinzuträumen,
sich besonnen …
still verhauen …

Allem Birken fern und Bösen
süß zu dämmern und zu dösen,
hingedümmelt zwischen Beeten:
höchtes Glück des lang Erflehten!

Züge flitzen schneidig schneller,
wo aus Fenstern Tücher winken,
zarte Wölkchen, himmeln heller,
Vögel hüpfen, Birken blinken.

Irgendwo zu allem Schönen
hört man leis‘ Musiker tönen,
Falter fliehn in irren Tänzen …

Und wir glänzen — und wir glänzen.

Max Hermann-Neiße

Max Hermann-Neiße (1886 – 1941), deutscher Schriftsteller, romantischer Expressionist, Lyriker, Essayist, Dramatiker

Gedicht Dolcefarniente: Lieder an Leni, 29.04.1913. seine Frau Leni. / Liebesgedicht von Max Hermann-Neiße an seine Frau Leni. Er schrieb viele Gedichte an

Dein Haar hat Lieder

und sanfte Abende am Meer

Dein Haar hat Lieder, die ich liebe
und sanfte Abende am Meer-

O glückte mir dei Welt! O liebe
mein Tag nichts unselig leer!

So kann ich nichts, als matt verlegen
vetrösten oder wehe tun,
und von der wundersamsten Wegen
bleibt mir der Staub nur auf den Schuhn.

Und meine Träume sind wie Diebe,
und meine Freuden frieren sehr-
dein Haar hat Lieder, die ich liebe,
und sanfte Abende am Meer.

Max Hermann-Neiße

Max Hermann-Neiße (1886 – 1941), deutscher Schriftsteller, romantischer Expressionist, Lyriker, Essayist, Dramatiker

Liebesgedicht von Max Hermann-Neiße an seine Frau Leni

Das Band stand auf ‚Die Liste der im Nationalsozialismus verbotenen Publikationen, Autoren und Verlage (Liste der verbrannten Bücher).

Der Mensch

seinen Vergnüngen Nachjagd

„Der Mensch, der Tag für Tag seinen Vergnügungen Nachjagd, wird seiner Laster am Ende überdrüssig und erntet zuletzt nur Trauer und Reue, der Mensch der Arbeit aber vergeudet seine Kräfte im täglichen Kampf ums Brot, nur um sich die Lebenskräfte zu erhalten, die er zu seiner Arbeit braucht. So leben sie in einem traurigen Kreislauf:

sie leben um zu arbeiten und arbeiten, um das Leben zu festigen, gerade als ob das tägliche Brot der einzige Sinn eines mühseligen Daseins wäre und dieses mühselige Dasein uns ist dazu gegeben sei, um das tägliche Brot zu verdienen.“

Daniel Defoe

Daniel Defoe (1660 – 1731) englischer Schriftsteller, Erzähler, Essayist.

Vers stammt aus

‚The Further Adventures of Robinson Crusoe‘
(Die weiteren Abenteuer des Robinson Crusoe)
Erstveröffentlichung 1719. Verlag: W. Taylor

die Wahrheit

ich glaube immer noch mehr an die Wahrheit

Die Wahrheit

Denn ich glaube immer noch mehr an die Wahrheit der früheren Empfindungen als an die späteren Betrachtungen aus Lebensansichten.

Sophie Tieck

Sophie Tieck (1775 -1883) deutsche Dichterin, Erzählerin, Schriftstellerin