Der Asra
Täglich ging die wunderschöne
Sultanstochter auf und nieder,
Um die Abenszeit am Springbrunnen,
Wo die weißen Wasser plätschern.
Täglich stand der junge Sklave
Um die Abendzeit am Springbrunnen,
Wo die weißen Wasser plätschern;
Täglich ward er bleich und bleicher.
Eines Abends trat die Fürstin
Auf ihn zu mit raschen Worten:
Deinen Namen will ich wissen,
Deine Heimath, Deine Sippschaft!
Und der Sklave sprach:
Mohamed, ich bin aus Jemmen
Und mein Stamm sind jene Asra,
welche sterben, wenn sie lieben.
Heinrich Heine
Heinrich Heine (1797 – 1856) deutscher Schriftsteller, Journalist.
‚Der Asra‘ erschien zuerst September 1846 im Tübinger ‚Morgenblatt für gebildete Leser‘ (Nr. 210).
‚Der Asra‘ aus dem Gedichtband Romanzero, Hamburg, Berlin. Hoffmann und Campe Verlag, 1923, Seite 55