Legt in die Hand das Schicksal dir ein Glück Mußt du ein andres wieder fallen lassen; Schmerz wie Gewinn erhältst du Stück um Stück, Und Tiefersehntes wirst du bitter hassen. Des Menschen Hand ist eine Kinderhand, Sie greift nur zu, um achtlos zu zerstören; Mit Trümmern überstreuet sie das Land, Und was sie hält, wird ihr doch nie gehören. Des Menschen Hand ist eine Kinderhand, Sein Herz ein Kinderherz im heftgen Trachten. Greif zu und halt!... Da liegt der bunte Tand; Und klagen müssen nun, die eben lachten. Legt in die Hand das Schicksal dir den Kranz, So mußt die schönste Pracht du selbst zerpflücken; Zerstören wirst du selbst des Lebens Glanz Und weinen über den zerstreuten Stücken. Wilhelm Raabe
Wilhelm Karl Raabe (1831 – 1910), deutscher Schriftsteller, Erzähler. Pseudonym: Jakob Corvinus
aus: „Holunderblüte: Eine Erinnrung an das Prager Ghetto“ eine Novelle, von Wilhelm Raabe.
Bildnist: Wilhelm Raabe (1831 – 1910)
Prager Ghetto:
Josefov, Stadtteil der tschechischen Hauptstadt Prag. Bereits im 10. Jahrhundet werden in Prag erstmals Juden erwähnt. Im 13. Jahrhundert wurde dann ein Ghetto errichtet, die Judenstadt.