Ode an Cassandra Geliebte, lass uns sehen, ob im Garten Die Rose, die heut früh nach langen Warten Ihr Purpurkleid der Sonne hingereicht. Noch nicht die morgenfrische Pracht verloren, Nicht ihr Gewand aus Purpurgglut geboren, Und nicht den Schmelz, der deiner Wange gleicht. Weh! Sieh nur hin, wie in so wenig Stunden, Geliebte, aller Glanz dahingeschwunden. Weh! Sieh nur hin, wie in so wenig Stunden. Weh! Weh! und wie die Schönheit schnell verdirbt. Lässt nicht Natur , die stiefgsinnte, schauern? Selbst solche Blüte darf nicht länger dauern, Als dass sie, früh erwacht, am Abend stirbt. Glaub mir, Geliebte, lass das eitle Mühen. Solange deine jungen Jahre blühen Und lichte Freude grünt in deinem Sinn. So pflücke, pflück die Rosen deiner Jugend: Das Alter kommt, ihm wehrt nicht Wunsch noch Tugend Und wie die Rose welkt die Schönheit hin. Pierre de Ronard
Pierre de Ronard (1524 – 1585), französischer Schriftsteller, Dichter. Er wurde auch ‚Dichterfürst‘ genannt.
„Sonette für Helene“ von Pierre de Ronsard.Übertragung Irene Kafka, München Georg Müller, 1923
Irene Kafka (1888 – 1942, KZ Ravensbrück)