Die Geburt der Sterne Weißt du} mein Lieb, wann jedesmal am Firmament ein Licht, ein Stern entsteht? Du töricht Kind, nicht wahr, das weißt du nicht? Ich muß es dir erzählen, komm, und lege traulich sacht dein Köpfchen mir ans warme Herz – andämmern laß die Nacht. Siehst du: der dunkle Himmel dort ist ein unendlicher Garten, drin stille Engel unsichtbar goldener Blumen warten. Und jedesmal, wann drunten hier zwei Seelen sich entzünden, sich, zueinander heiß gebannt, in Glück und Glut verbünden, dann pflanzen eine Blume sie dem tiefen Grunde ein und segnen jede junge Lust mit jungem Sternenschein. – O sieh: schon ist die heilige Nacht gemach herangetreten, die Blumen leuchten ungezählt her von den ewigen Beeten, und alle künden und zeugen nur von irdischer Menschen Liebe – o daß auch unseres Glückes Stern ewig uns leuchten bliebe! Otto Erich Hartleben
Otto Erich Hartleben (1864 – 1905), deutscher Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Dramatiker
aus: „Ausgewählte Werke“ von Otto Erich Hartleben. Verlag: Berlin, S. Fischer, 1911Seite 19 – 20