An das Leben Wenn mir dereinst von dieser Seuche Genesung wird im kühlen Grab, Dann sei, daß Jung und Alt entfleuche, Mein Denkmal eine Vogelscheuche: Mein Hut auf meinem Wanderstab. Der Hut war schwarz und breitgerändert, Im Herbst von dunklem Grün umlaubt. Wie hat der Winter ihn verändert! Jetzt deckt er schmutzig, schlapp, entbändert Mein müdes frühgebeugtes Haupt. Den Stecken hielt ich friedlich nieder, Bis ich der Unschuld heil'gen Schlaf Gefährdet sah von gift'ger Hyder. Ich schlug, daß ich die eignen Glieder Mit grauenvollstem Fluche traf. Zur Seuche, dran ich elend sieche, Ward mir des Ungeheuers Gift: Der gräßlichste der Erdenflüche. Ich taumle hin, ich wanke, krieche, Bis mich im Tod Erlösung trifft. Frank Wedekind
Benjamin Franklin Wedekind (1864 – 1918), deutscher Dichter, Dramatiker, Schauspieler
aus: „Die vier Jahreszeiten -Gedichte“von Frank Wedekind. Verlag: Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst München, 1905. Winter, Seite 156
Die Gedichte, die diese Blätter enthalten sind Bethe Marie Denk in Ehrerbietung zugeeignet.
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