Die liebenden im Garten Durch den Garten irrt' ich sinnend, Durch der Blumen bunte Pracht; Sanfter Schimmer floß verrinnend Durch des Laubenganges Nacht. Und der Blumen farbig Feuer Prangte reizend um mich her. Leuchtend hob aus dunkelm Schleier Sich die Rose, Düfte-schwer. Und die Feuerlilien glühten Flammenähnlich in den Kreis, Und die Purpur-Nelken blühten Bei der Lilie zartem Weiß. Doch mich Armen mochte nimmer Blumenduft und Reiz erfreun; Ach, an Siddys Augenschimmer Hing mein schmachtend Herz allein. Und es weht ein ahnend Zittern Wie von Götternäh' mich an; Und der Laube trauten Gittern Wagt' ich leise mich zu nahn. Aber dichte Zweige woben Von Syringen und Jasmin Sich von unten bis nach oben, Ganz sie hüllend in ihr Grün. Ich zerriß den Flor von Zweigen, Trat in ihren Tempel nun; - Götter! und in heil'gen Schweigen Sah ich Siddy schlummernd ruhn! In der Locken seidnen Hülle, Ihrer Anmuth unbewußt, Ruhte sie in sichrer Stille, Hob sich sanft die reine Brust. Zephir stritt sich voll Entzücken Mit dem rothen Abendschein, Wer sie schöner möge schmücken, Treuer sich der Holden weihn? Säuselnd drang er durch die Aeste In den Tempel, still und dicht; Doch der Oeffnung von dem Weste Folgte schnell das Abendlicht. Zephir streute Rosenblüthe, Hüllte ganz in Duft sie ein; Doch der Abendstrahl umglühte Sie mit lichtem Heil'genschein. Vor der schönen Heil'gen nieder Sank ich schweigend auf die Knie; Und die holden Augenlieder, O, wie süß erhob sie sie! Und es klang vom zarten Munde: Treuer, ja, auf ewig Dein! Zeugen nur der heil'gen Stunde Waren West und Abendschein. Louise Brachmann
Karoline Louise Brachmann (1777 – 1822), deutsche Dichter, Schriftstellerin. Pseudonyme: Klarfeld, Louise B. Sternheim.
„Auserlesene Dichtungen“ von Louise Brachmann. Herausgegeben von Professor Schuß zu Halle. Erstes Band. Leipzig in der Weygand’schen Buchhandlung, 1834. Seite 71 – 72
Gemälde: Louise Brachmann (1777 – 1854). Maler Leopold Kupelwieser (1796 – 1862)