Abschied

Wie die Sonn‘ aus Abendgolde

Abschied

Bange Ahnungsschauer beben
Durch mein Herz, mit finstrer Macht;
Diesmal, mein geliebtes Leben,
Kehrst Du nicht mir aus der Schlacht!
Ach, der Geist des Todes wehte
Durch den nächtlich stillen Hain! -
Blutig wird die Lagerstätte
Meines tapfern Helden sein!

Doch ich will nicht ab Dich mahnen,
Sohn der Ehre, die Dich ruft!
Geh' zu Deinen heil'gen Fahnen!
Steige glorreich in die Gruft!
Geh den Pfad im Waffenschalle!
Doch Du gehst ihn nicht allein;
Wie das dunkle Loos Dir falle,
Wiss', es wird auch meines sein!

Geh, Geliebter! Ich verschließe
Meine Klagen in mein Herz.
Dein geliebtes Bild versüße
Mir der langen Trennung Schmerz!
Könnt', o könnt' ich Dich begleiten,
Mit Dir theilen Freud' und Noth!
Könnt' ich siegend mit Dir streiten,
Mit Dir sterben süßen Tod!

Ach, umsonst! in öder Ferne
Hält mich herrschend das Geschick,
Nur vom blassen Glanz der Sterne
Fällt Dein liebes Bild zurück. -
Aber wenn mit düsterm Flügel
Dich des Todes Nacht umwallt,
Dann erscheine mir am Hügel
Deine holde Lichtgestalt!

Wie die Sonn' aus Abendgolde
Scheidend lächelt, steig' empor!
Dann entzücke diese holde
Stimme noch einmal mein Ohr!
Senke Nacht sich trüb' und trüber;
Froh an Deiner lieben Hand,
Engel, schweb' ich dann hinüber
In Dein seelig Vaterland

Louise Brachmann

Karoline Louise Brachmann (1777 – 1822), deutsche Dichter, Schriftstellerin. Pseudonyme: Klarfeld, Louise B. Sternheim.