Der Mond Es streben alle Kräfte, So matt sie sind, zur Erde doch zu wirken. In den ew'gen Bezirken Der schönen Welt ist das nur mein Geschäfte; Das muß ohnmächtig immer ich versuchen, Und traurig dem beschränkten Lose fluchen. Seht ihr mich milde glänzen, Und warme Sommernächte schön erhellen, Wo leise Freudewellen Der Erde Kinder kühlen nach den Tänzen; Sind's Sonnengeister nur, die sanfter spielen. Mein eignes Wesen könnt ihr so nicht fühlen. Doch wenn ich seltsam scheine, Aus dunkeln Wolken ängstlich vorgeschlichen; Dann ist die Hüll' entwichen, Es merkt der Mensch mit Schaudern, was ich meine. So zeigen Geister sich, um euch zu wecken, Und lassen ahnden die verborgnen Schrecken. Friedrich Schlegel
Karl Wilhelm Friedrich von Schlegel (1772 – 1829), deutscher Schriftsteller, Literatur- und Kunstkritiker, Kulturphilosoph, Altphilologe, Platoniker
aus: „Musen-Almanach für das Jahr 1802“ herausgegeben von August Wilhelm Schlegel (1767 – 1845) und Ludwig Tieck (1773 – 1853). Tübingen in der Gotta’schen Buchhandlung, 1802. Seite 147 – 148