Draußen so heller Sonnenschein, Alter Mann, laß mich hinaus! Ich kann jetzt nicht geduldig sein, Lernen und bleiben zu Haus. Mit lustigem Trompetenklang Ziehet die Reuterschar dort, Mir ist im Zimmer hier so bang, Alter Mann, laß mich doch fort! Er bleibt ungerührt, Er hört mich nicht: »Erlaubt wird, was dir gebührt, Tust du erst deine Pflicht!« Pflicht ist des Alten streng Gebot; Ach, armes Kind! du kennst sie nicht, Du fühlst nur ungerechte Not, Und Tränen netzen dein Gesicht. Wenn es dann längst vorüber ist, Wonach du trugst Verlangen, Dann gönnt man dir zu spät die Frist, Wenn Klang und Schein vergangen! Was du gewähnt, Wonach dich gesehnt, Das findest du nicht: Doch bleibt betränt Noch lang dein Gesicht.
Dorothea Schlegel
Dorothea Friederike Schlegel (1764 – 1839), deutsche Schriftstellerin, Literaturkritikerin
aus: „Florentin“, ein Roman von Dorothea Schlegel. Herausgegeben von Friedrich Schlegel. Verlag: Lübeck und Leipzig, den Friedrich Bohn, 1801. Sechstes Kapitel , Seite: 86 – 87