Wie ein Traum
Mittsommernacht, da alle Lippen scherzen,
da alle Lungen keuchen,
alle Herzen flattern beim Tanz im wildern Flammenring –
wie eine Wachtel einsam flieht zu Halm und Klee,
mit einem Herzen, von Erinnerung weh,
wandre ich Wege, die mit dir ich ging.
Ich seh‘ dich kommen wie ein Traum.
Im Haar trägst du noch feucht ein Hagebuttenpaar
und frühe Jugend strahlt aus deinem Sinn.
Du bist wie einst mein lieber Kamerad,
das Kind, die Frau auf meinem Lebenspfad,
und ich bin dein mit allem, was ich bin.
Jetzt gehst du neben mir, mein Herze bebt,
stumm seh‘ ich, wie die Abenddämmerung schwebt
um deine Stirne, glorienhaft gesponnen.
Nicht nur in weichen, schwachen Dichterstunden
hab‘ ich dies Heiligenwunderbild gefunden
und dann geglaubt, es sei mir schon entronnen.
Es weht durch den Johannisschlaf der Bäume –
Ich wandre mit der Freundin meiner Träume
und Wort auf Wort hat über uns Gewalt.
Nicht Küsse noch Umarmung uns entflammen,
nur Seel‘ an Seele füget sich zusammen
in dieser Sehnsuchtsbrautnacht tief im Wald.
Erik Axel Karlfeldt
Erik Axel Karlfeldt (1864 – 1931), schwedischer Lyriker, Nobelpreisträger